Island macht es bereits. Norwegen, die USA und Kanada auch, während Dänemark große Pläne dazu wälzt: Soll auch Österreichs Industrie damit beginnen, Teile des produzierten Klimagases Kohlendioxid (CO₂) unter die Erde zu pumpen? Darüber ist ein politischer Disput entbrannt, in dem sich auch die Koalitionsparteien uneinig gegenüberstehen.

Worum geht es dabei? Klimaforscher gehen davon aus, dass es für Staaten nur dann möglich ist, tatsächlich klimaneutral zu werden, wenn ein Teil der besonders schwer vermeidlichen Emissionen (etwa aus der Zementindustrie) nachträglich wieder eingefangen wird. Machen lässt sich das einerseits über Aufforstungen (Bäume binden CO₂ aus der Luft), wobei das Potenzial begrenzt ist. Andererseits gibt es technische Methoden, das CO₂ – energieaufwändig – aus Industrieabgasen abzuscheiden oder – noch viel energieaufwändiger – direkt aus der Atmosphäre zu filtern. In beiden Fällen stellt sich aber die Frage: Wohin dann mit dem gewonnenen Kohlenstoff?

Gesetz auf dem Prüfstand

Die derzeit vielversprechendste Lösung lautet, das CO₂ in unterirdische Lagerstätten zu pumpen, etwa in frühere Erdgas- und Erdölfelder. Fachleute sprechen bei diesem Verfahren von CCS (Carbon Capture and Storage). Allerdings ist CCS in Österreich (wie auch in Deutschland) seit 2011 gesetzlich verboten. Ein Gesetz, das Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) gerne aufheben würde. Brunner ist auch für Bergbau zuständig und ortet ein "Zeitfenster, darüber zu diskutieren, ob wir dieses Verbot noch wollen". Das zugrundeliegende "Gesetz zur geologischen Speicherung von CO₂" sieht nämlich vor, regelmäßig auf seine Sinnhaftigkeit überprüft zu werden, was nach 2018 (damals wurde das Verbot verlängert) auch heuer wieder geschehen muss.

Brunner macht seit Monaten politisch Wind für ein Aus des CCS-Verbots, führte im April Journalisten sogar zu CCS-Demonstrationsanlagen nach Island. "Wir dürfen nicht auf nachhaltige Technologieoptionen verzichten. Die Speicherung von CO₂ ist ein zentrales Innovationsthema", so der Minister bei einer Diskussionsrunde am Montag im Finanzministerium. Aufheben können das Verbot die Fachleute der Bergbauabteilung allerdings nur mit Zustimmung des Koalitionspartners. Und bei den Grünen zeigt man sich von Brunners Vorstößen wenig begeistert. "Klimaschädliches CO₂ ohne genaues Wissen über die Auswirkungen in unsere Böden zu pumpen, ohne bereits alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, verlagert nur das Problem und hilft uns beim Erreichen unserer Klimaziele nicht", heißt es aus dem Klimaministerium von Leonore Gewessler (Grüne), wo man "Ausreden, um im Klimaschutz keine wirksamen Maßnahmen zu setzen", ortet.

Bleibt das CO₂ dort, wo es sein soll?

Offener zeigt sich Gewessler, wenn es darum geht, überschüssiges CO₂ etwa aus der Zementproduktion nicht einzuspeichern, sondern stofflich zu nutzen, etwa für Kunststoffe oder Beton. Das wäre in Österreich freilich auch schon heute zulässig.

Doch wäre eine unterirdische Speicherung von CO₂ tatsächlich riskant? "Ein Gesundheitsrisiko im Fall eines Austritts wird in der öffentlichen Debatte überschätzt", meint Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, der auf Brunners Einladung in Wien zum Thema diskutierte. "Die eigentliche große Frage ist aber: Bleibt das CO₂ auf alle Zeit unter der Erde, oder gelangt es irgendwann doch wieder in die Atmosphäre?" Für den Experten sind begleitende Monitoringsysteme daher unabdingbar.

Kein Ersatz für Klimaschutz

Holger Ott, Leiter des Lehrstuhls für Reservoir Engineering an der Montanuni Leoben, hält für die Zukunft auch österreichische CO₂-Exporte zu den großen, geplanten CCS-Projekten nach Norwegen für realistisch. "Die Frage ist aber: Wollen wir nicht eher aktiver Teil der Entwicklung sein?" Was die Fachleute übereinstimmend festhalten: Ein Ersatz für CO₂-Vermeidung ist die CCS-Technologie nicht, das verdeutlichen schon die Dimensionen. Bisher werden laut Ott weltweit pro Jahr rund 45 Millionen Tonnen Kohlendioxid unterirdisch gespeichert. Das entspricht nur etwas mehr als der Hälfte des österreichischen Ausstoßes.