Eine Gruppe von ehemaligen Spitzendiplomaten um den ehemaligen Bosnien-Beauftragten Wolfgang Petritsch setzt bei der SPÖ-Vorsitzwahl auf Andreas Babler. "Die SPÖ muss sich außenpolitisch neu aufstellen", sagte Petritsch am Donnerstag. Man habe ein außen- und europapolitisches Positionspapier formuliert und sei der Meinung, dass der Traiskirchner Bürgermeister es "am ehesten umsetzen" könne. Gefordert wird mehr EU-Engagement und eine aktive Neutralitätspolitik.
Petritsch äußerte sich, nachdem das Team Babler in einer Aussendung von der Übergabe des Papiers an den SPÖ-Vorsitzkandidaten berichtet habe. Petritsch habe die Hoffnung geäußert, mit Babler einen Diskussionsprozess zu starten, "um endlich die leider lange vernachlässigte europäische und internationale Vernetzung und Ausrichtung der SPÖ zu stärken", hieß es. Diese Aussage ist unschwer als Kritik an der amtierenden SPÖ-Vorsitzenden und außenpolitischen Sprecherin Pamela Rendi-Wagner zu verstehen.
"Hoffnung gestorben"
Petritsch sagte, dass er Rendi-Wagner menschlich sehr schätze, sie aber in den fünf Jahren an der Spitze außenpolitisch "weder ein Team, noch ein Programm noch eine Ausrichtung zusammengebracht" habe. Deshalb sei für ihn inbezug auf Rendi-Wagner "die Hoffnung gestorben". Auch den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil könne er nicht unterstützen, weil er innerparteilich "intrigiert" habe. "Das geht nicht in einer solidarischen Partei."
Babler habe hingegen außenpolitisches Potenzial, verwies Petritsch auf dessen internationale Aktivitäten als SJ-Funktionär. Für den Posten des SPÖ-Chefs sei er auch deshalb geeignet, weil er bei einem der aktuell wichtigsten Themen, der Migration, "in einer der schwierigsten Gemeinden etwas zusammenbringt", sagte Petritsch in Anspielung auf das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. Auf die Frage, ob er und seine Mitstreiter Babler im SPÖ-Vorsitzkampf unterstützen, antwortete Petritsch: "Natürlich."
Prominente Diplomaten
Neben Petritsch wurde das Papier von der früheren außenpolitischen Beraterin von Ex-Kanzler Franz Vranitzky und Ex-Botschafterin Eva Nowotny, ihrem Ehemann und Ex-Kreisky-Sekretär Thomas Nowotny sowie den früheren Botschaftern Georg Lennkh, Peter Moser und Helfried Carl unterzeichnet. Lennkh war auch EU-Sonderbeauftragter für den Tschad, während Carl als Büroleiter für die damalige Nationalratspräsidentin Barbara Prammer arbeitete.
"Die Sozialdemokratie hat stets europäisch und international gehandelt. Dieser Anspruch ist heute wichtiger denn je. Aber in den letzten Jahrzehnten ist diese Vernetzung bei Weitem nicht genügend betrieben worden", heißt es in der vom Team Babler verbreiteten Erklärung. Für die Regulierung des Finanzmarktes sowie Maßnahmen gegen Klimawandel oder Energiewende brauche es die Europäische Union, die jüngst auch progressive volkswirtschaftliche Ansätze gezeigt habe. Sie müsse aber demokratisch weiterentwickelt werden, etwa durch die Stärkung des Europäischen Parlaments. Außerdem wünschen sich die Diplomaten eine aktive Neutralitätspolitik sowie in deren Rahmen "die maximale Unterstützung der Ukraine in ihrem legitimen Kampf gegen die russische Aggression".
"Stundenlang Diskussionen"
Babler begrüßte die Initiative. "Wir brauchen wieder eine starke sozialdemokratische Europapolitik und internationale Ausrichtung. Das Papier enthält wichtige Forderungen, die ich teile. Ich freue mich auf den Austausch und die Zusammenarbeit mit den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern", wurde der Vorsitzkandidat in der Aussendung zitiert.
Petritsch betonte gegenüber der APA, dass das Papier die in "stundenlangen" Diskussionen erarbeiteten Positionen der Diplomatengruppe enthalte. Babler sei selbst überlassen, "was er damit macht" und welche Positionen er übernehme. Den beiden anderen Kandidaten habe man das Papier nicht übergeben. Man hoffe aber, dass es in jedem Fall nach der Vorsitzwahl aufgegriffen und weiterverfolgt werde.