Die Teuerung in Österreich hat sich im April beschleunigt und liegt deutlich über der Inflation in Deutschland und in der Eurozone. Laut einer vorläufigen Schätzung der Statistik Austria waren die Verbraucherpreise im April um 9,8 Prozent höher als vor einem Jahr und um 0,8 Prozent höher als im März. In der Eurozone war die Teuerungsrate mit 7,0 Prozent deutlich geringer als in Österreich, und auch in Deutschland stiegen die Preise mit 7,2 Prozent weniger stark.
"Die Teuerung nimmt zunehmend in den Bereichen Freizeit, Reisen und Dienstleistungen an Fahrt auf", sagte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas am Dienstag laut Mitteilung. Im Gegensatz dazu seien die Preise für Treibstoffe und Heizöl erneut geringer als vor einem Jahr. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) legte im April im Vergleich zum Vorjahresmonat um 9,6 Prozent zu. Zum Vormonat März ist der HVPI laut vorläufiger Schnellschätzung um 1,0 Prozent gestiegen.
Felbermayr: "So kann das nicht weitergehen"
Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr rät angesichts dieser Zahl zu weiteren politischen Maßnahmen: "So kann das nicht weitergehen. Der Abstand zur Eurozone macht u.a. Sorgen. EZB zu verlassen", schreibt der Ökonom auf Twitter: "Es braucht eine aktive Stabilisierungspolitik."
Felbermayrs Tweet war auch Thema in der ZiB2: Auf die Frage von Armin Wolf, was diese "aktive Stabilisierungspolitik" konkret bedeute, schloss Felbermayr eine Mehrwertsteuersenkung auf Nahrungsmittel nicht aus. Obwohl diese Maßnahmen auch Nebenwirkungen hätten, "müssen wir hier sehr ergebnisoffen nachdenken." Das Wifo sei anfangs gegen eine Senkung gewesen, "ich denke aber inzwischen, man sollte darüber reden", so Felbermayr. "Das wäre relativ teuer. Was man vorher versuchen müsste, gerade im Lebensmittelbereich, ist, die Preistransparenz für die 20, 30 Lebensmittel zu erhöhen. Das würde nichts kosten, hätte sicher auch eine Wirkung." Man müsse jetzt an vielen Hebeln ziehen.
In der Eurozone war die Inflation im März noch deutlich gesunken, hat sich aber im April nach einer ersten Schätzung von Eurostat in Luxemburg von zuletzt 6,9 auf nun 7,0 Prozent leicht beschleunigt. Im Gegensatz zur allgemeinen Inflation ging die Kerninflation in der Eurozone im April etwas zurück. Bei den Verbraucherpreisen ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel meldete Eurostat einen Anstieg im Jahresvergleich um 5,6 Prozent. Im März hatte die Kernteuerung mit 5,7 Prozent den höchsten Wert seit Bestehen des Währungsraums markiert. Sie gibt laut Ökonomen einen guten Eindruck über den grundlegenden Inflationstrend.
Lebensmittel und Dienstleistungen treiben Inflation
Die Energiepreise sind in der Eurozone im Jahresvergleich um 2,5 Prozent gestiegen, nachdem sie im März noch gesunken waren. Getrieben wird die Gesamtinflation mittlerweile durch deutlich steigende Preise für Lebens- und Genussmittel sowie für Dienstleistungen und Industriewaren.
Das Preisziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von mittelfristig zwei Prozent wird weiterhin klar überschritten. Die Notenbank stemmt sich seit einiger Zeit mit höheren Leitzinsen gegen die hohe Teuerung. Am Donnerstag wird bei der nächsten EZB-Zinssitzung mit einer weiteren Zinsanhebung gerechnet.