2016 hatte die SPÖ einen traumatischen 1. Mai in Wien erlebt, als der damalige Parteivorsitzende und Kanzler Werner Faymann ausgebuht und ausgepfiffen wurde und wenig später zurücktrat. Mit damals war die Situation heuer - mitten in der laufenden Mitgliederbefragung über den künftigen Parteivorsitz - überhaupt nicht vergleichbar. Bei strahlendem Frühlingswetter zogen unter dem Motto "Stark. Stärker. Zusammen" traditionell die Abordnungen aus den Bezirken im Sternmarsch zum Rathausplatz, die Delegationen machten mit Transparenten und Plakaten auf ihre Anliegen aufmerksam, dazu wurde getrommelt, musiziert und Fahnen geschwenkt.
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Vereinzelt wurden die internen Querelen durchaus thematisiert: Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter machten sich etwa für "Parteidemokratie und Andi Babler" stark. Ein Transparent einer Jugendorganisation bescherte auch Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch eine Erwähnung, wenn auch keine sonderlich freundliche: "Keine Deutschpflicht in Schulen und der Löwelstraße", wurde da gefordert.
Rendi-Wagner bekam für ihre Rede bei der Schlusskundgebung aber Applaus, nur vereinzelt waren nicht zuordenbare Pfiffe zu hören. Um stark zu sein, müsse man geeint sein. "Die Zeit der internen Selbstbeschäftigung wird bald vorüber sein." Danach könne man sich wieder den politischen Mitbewerbern entgegenstellen - denn dies sei die eigentliche Aufgabe der SPÖ, stellte sie klar. "Wir müssen stark sein, wir müssen stärker sein." Geschlossenheit sei die Voraussetzung, um das "Vertrauen der Menschen wieder zu gewinnen". "Es muss das Ziel sein, dass dieses Land endlich wieder eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung bekommt." Wichtig sei, eine Neuauflage von Schwarz-Blau im Bund zu verhindern, sagte Rendi-Wagner. Einer Koalition mit der FPÖ erteilte sie erneut eine Absage.
"Wir sind die vielen, wir sind stärker und wir sind unschlagbar", zeigte sich Rendi-Wagner zuversichtlich. Es gebe genug Probleme wie etwa die "schreckliche Teuerung", doch die Bundesregierung habe die roten Vorschläge dagegen nicht gehört, sondern stattdessen bloß "Milliarden Almosen verteilt", "in der Hoffnung, dass ihre Umfragewerte besser werden". Wohl auch als Spitze in Richtung ihres Kontrahenten Hans Peter Doskozil interpretiert werden kann ihr Bekenntnis, dass die Löhne "bei den Gewerkschaften in den besten Händen" seien. Der burgenländische Landeshauptmann bewirbt ja gerne seinen im Land umgesetzten Mindestlohn. Im Gegensatz zu den letzten Tagen, als Rendi-Wagner ihrem einstigen Förderer Christian Kern, der nun Doskozil unterstützt, Charakterlosigkeit vorgeworfen hat, gab es in ihrer Ansprache keine Angriffe auf die Mitbewerber.
Wiens SPÖ-Chef Michael Ludwig ging auf die parteiinternen Konflikte nicht direkt ein - Unterstützung für Rendi-Wagner gab es aber sehr wohl: Er hoffe, dass man bald nach der nächsten Nationalratswahl die erste sozialdemokratische Bundeskanzlerin in Österreich haben werde, ließ er wissen.
"Wieder eine Flamme werden"
Doch auch die Gegenspieler im parteiinternen Wahlkampf waren am Tag der Arbeit nicht faul: Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler hatte gleich drei Ansprachen auf dem Programm. Bei der Maifeier in Krems-Lerchenfeld bewarb er die Sozialdemokratie als "Alternative zum politischen System des Bittstellertums". Es sei ein "Comeback der Sozialdemokratie" notwendig, die Partei müsse gestärkt und geeint aufs Spielfeld gehen, zog Babler den Vergleich zum Fußball. In den vergangenen Jahren sei die SPÖ "nur mehr ein Teelichterl gewesen", meinte Babler, "wir müssen schauen, dass wir wieder eine Flamme werden". Die SPÖ finde keine authentische Sprache und treibe so anderen Parteien wie der FPÖ Wähler zu, kritisierte er.
Die SPÖ müsse nach einem Jahrzehnt mit "ein bisschen Dornröschenschlaf" wieder den Kampf für Rechte aufnehmen, findet Babler. So müsse man gegen "modernes Sklaventum" auftreten, forderte er etwa, dass unbezahlte Überstunden von Unternehmen in doppelter Höhe abgegolten werden müssten. Weiters warb er unter anderem für eine Arbeitszeitverkürzung und Vermögenssteuern als Koalitionsbedingung.
Doskozil wiederum wird am frühen Nachmittag bei einer Veranstaltung in Kobersdorf im Mittelburgenland sprechen. Im Vorfeld drängte er auf die Umsetzung des von ihm forcierten Mindestlohns von 2.000 Euro netto. "Eine erneuerte Sozialdemokratie brennt wieder dafür, das Leben der arbeitenden Menschen in Österreich zu verbessern - am 1. Mai und an allen anderen Tagen im Jahr", betonte er in einer Aussendung. Abgesehen davon pochte er auf niedrigere Steuern auf Arbeit - so solle die SPÖ die "Steuersenkungspartei" für die arbeitende Bevölkerung sein - sowie auf leistbares Wohnen, und forderte einen "energischen Kampf gegen die Teuerung und die Zwei-Klassen-Medizin".
Kickl stellt erneut Kanzleranspruch
Deftige Sprüche gab in indes wie jedes Jahr bei den Blauen in Oberösterreich zu hören, wo FPÖ-Chef Herbert Kickl wieder den Kanzleranspruch stellte. Keine der anderen Parteien und auch nicht der Bundespräsident werde die FPÖ stoppen können, meinte Kickl im Bierzelt auf dem Urfahranermarkt vor rund 5.000 Besuchern, die des öfteren "Herbert, Herbert"-Chöre anstimmten. Das Land brauche einen freiheitlichen Bundeskanzler, den er als "Volkskanzler" sehe, so Kickl, der der Bevölkerung diene und nach oben trete. Kickl verortete sich und seine Partei in der Mitte, "lasst euch von niemandem einreden, ihr seiet der Rand der Gesellschaft", ermutigte er seine Anhänger.
Alle Mitbewerber bekamen ihr Fett ab: Außer der FPÖ gebe es in Österreich ohnehin nur noch eine Einheitspartei, "alle waren sie für den Bundespräsident Van der Bellen, alle haben sie beim Coronawahnsinn mitgemacht, alle rutschen sie auf den Knien nach Brüssel". Nun hätten sie "Muffensausen", wenn sie auf die Umfragen für die Nationalratswahl schauen würden, "wo die freiheitliche Partei konsequent an erster Stelle liegt". "Zuerst sperren wir die Asylantenheime zu und dann machen wir den Wahnsinn mit der ORF-Abgabe rückgängig", machte Kickl kein Hehl aus seinen Plänen. Auf "linkslinken Firlefanz und Klimbim wie die Genderei und den Kult um die Regenbogenfahne" verzichte die FPÖ.
Außerdem lobte Kickl Landesparteichef Manfred Haimbuchner: "Manfred hat eine indirekte Bewerbung als Innenminister abgegeben." Haimbuchner hatte zuvor im Interview mit der "Presse" gemeint: "Ich bin ein Anhänger von Pushbacks." "Machen wir's dem Orban nach, bauen wir die Festung Österreich", erhielt Kickl viel Beifall für seine Ausländerpolitik.