Der 1. Mai ist traditionell jener Tag, an dem dem Parteivorsitzenden der SPÖ die Aufmerksamkeit zufällt - ohne viel Zutun. In diesem Jahr hat SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner aber ohnehin seit Wochen die Aufmerksamkeit gepachtet, gemeinsam mit dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, mit denen sie um den Parteivorsitz rittert.
Wenige Stunden vor ihrer Rede am Wiener Rathausplatz nahm Rendi-Wagner im ZiB2-Studio Platz und skizzierte, wie es ihrer Meinung nach in der Partei künftig ablaufen soll: "Nach dem Sonderparteitag muss Ruhe sein."
Einen inhaltlichen Schwenk wolle sie ihrer Partei nicht verordnen. "Die Menschen geben uns das Vertrauen, haben bei der Teuerung unsere Glaubwürdigkeit erkannt - bis im Herbst die Querschüsse und Umfragen aus dem Burgenland kamen." Initiativen für die Bekämpfung des Ärzte- und Pflegemangels oder der Kinderarmut könne man sich aber "an den Hut stecken, wenn wir nicht geschlossen sind".
Bereits am Sonntag sorgte Rendi-Wagner mit einem Interview in der "Presse am Sonntag" für Aufsehen. Darin attestierte sie ihrem Vorgänger Christian Kern, der nun Doskozil unterstützt, Charakterschwäche und fügte an: "Das ist kein Vorwurf, das ist eine Beobachtung." Ihre Erklärung: Kern wandte sich Doskozil zu, der Kinder nicht "aus verdreckten Flüchtlingsheimen holen wollte" und der "Victor Orban als verlässlichen Partner bezeichnet". Wenn jemand so eine 180-Grad-Wende macht, ist das "keine Standfestigkeit".
Dass sie, Rendi-Wagner, ihre Partei für die eigene Kampagne einspanne, bestritt sie. "Wenn vier ehemalige Kanzler einen Brief an ihre Partei richten, dann ist das die Aufgabe der Bundespartei, das über ihre Kommunikationskanäle an die Mitglieder zu bringen."
Die Mitgliederbefragung in der SPÖ läuft bis 10 Mai, ein Ergebnis soll allerdings erst am 22. Mai veröffentlicht werden.