Gut bezahlt aus dem eintönigen Arbeitsalltag ausbrechen und dabei auch noch etwas für den Job und das Leben lernen? Die Bildungskarenz ist für viele Arbeitnehmer ein attraktives Angebot – und für Arbeitgeber dank staatlicher Unterstützung durchaus leistbar: Fast 300 Millionen Euro im Jahr nahm der Staat 2021 in die Hand, um diese Form der Weiterbildung zu unterstützen. Eine Prüfung durch den Rechnungshof ergab nun aber: Die Bildungskarenz ist ausbildungstechnisch wenig treffsicher – und jeder Vierte verliert im Jahr nach der Karenz seinen Job.
Bei Frauen war die Beschäftigungsquote ein Jahr nach der Bildungskarenz laut Rechnungshof sogar noch niedriger: Drei von zehn Frauen hatten im Jahr nach der Karenz keinen Job mehr. "Der Ausstieg aus der Arbeitstätigkeit im Rahmen der Bildungskarenz von bis zu einem Jahr könnte unter Umständen ungünstige Effekte auf die Arbeitsmarktposition der Betroffenen haben", befürchtet der Rechnungshof.
Bildungskarenz als verlängerte Babypause
Kritisch sehen die Prüfenden auch, dass die Weiterbildungsmaßnahmen grundsätzlich laut Gesetz nicht geeignet sein müssen, um "die individuelle Position der Beziehenden am Arbeitsmarkt zu verbessern". Anforderungen an Inhalte und Ausmaß der Fortbildungen seien gering, ein Nachweis über einen Wissenserwerb teils gar nicht notwendig. Das Arbeitsministerium und Arbeitsmarktservice (AMS) müssten daher sogar Kurse fördern, die "nicht an einer Weiterentwicklung arbeitsmarktrelevanter Kompetenzen orientiert" seien, so der Rechnungshof.
Bei Frauen konnte der Rechnungshof daher ein besonderes Phänomen beobachten: 2021 schlossen mehr als die Hälfte der Frauen ihre Bildungskarenz unmittelbar an die Elternkarenz an: "Diese Entwicklung wies darauf hin, dass sich die Bildungskarenz unter Bezug von Weiterbildungsgeld zunehmend als für Eltern finanziell attraktives Instrument zur 'Verlängerung der Babypause' entwickelt hatte", schreiben die Prüfer. So hätten manche Kursanbieter sogar mit dem Slogan "Baby-Pause-Verlängern" für die Bildungskarenz geworben.
Keine Kontrolle
Hinzu komme, dass selbst die "an sich schon geringen" gesetzlichen Anforderungen an die Weiterbildungsmaßnahmen vom Arbeitsmarktservice (AMS) nicht durchgängig kontrolliert werden. Selbst das Nichterscheinen bei Kursen bleibe mitunter ohne Konsequenzen, kritisiert der Rechnungshof. Außerdem werde das Instrument häufiger von Menschen mit höherem Bildungsabschluss genutzt.
Der Rechnungshof empfiehlt daher, das Gesetz zur Bildungskarenz zu überarbeiten. Künftig sollte aus Sicht der Prüfenden eine klare Ausrichtung auf Weiterbildungen, die auch die Position auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, gegeben sein und Erfolgsnachweise eingefordert werden. Auch empfiehlt der Rechnungshof, Teilnahmebestätigungen einzufordern und von AMS-Seite ein eigenes Antragsformular zur Verfügung zu stellen.
Die Möglichkeit zur Bildungskarenz gibt es seit Jänner 1998. Unselbstständige Beschäftigte können sich zur Aus- und Weiterbildung bis zu ein Jahr freistellen lassen. In der Zeit der Karenzierung gibt es ein Weiterbildungsgeld, das dem Arbeitslosengeld entspricht, grundsätzlich 55 Prozent des vorangegangenen Nettoeinkommens. Das Arbeitsmarktservice (AMS) ist für die Abwicklung zuständig.
Seit die vorausgesetzte Vorbeschäftigungszeit von drei Jahren auf ein halbes Jahr reduziert wurde, ist die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher stark gestiegen. 2021 haben durchschnittlich rund 14.000 Personen Bildungskarenz bezogen, doppelt so viele wie noch 2010. Die Ausgaben im Jahr 2021 betrugen rund 300 Mio. Euro und waren damit laut Rechnungshof fast dreimal so hoch wie 2010.
Maximilian Miller