"Hier herrscht Goldgräberstimmung“ sagt Florian Tursky und blinzelt in die kalifornische Sonne. Der Digitalisierungsstaatssekretär ist in das US-Technikmekka Silicon Valley gereist, um sich über die rasante Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI) zu informieren. Die Fahrt in einem Taxi, das wenig später mit ihm und ohne Fahrer durch die Straßen San Franciscos kurvt, erlaubt einen Blick in die Zukunft dieser Technologie.
Unternehmen wie Google, Meta und Apple empfangen den Gast aus Österreich (ohne mitgereiste Medienvertreter) zwar auf ihren imposanten Firmengeländen, geben sich im Bezug auf ihre KI-Pläne jedoch zugeknöpft. Man begrüße die Regulierungsbemühungen der EU, wird beteuert.
"Die Zeit drängt!"
Es sind Bemühungen, die Tursky nicht schnell genug gehen. Seit zwei Jahren wird in Brüssel am „AI Act“ getüftelt, der Rahmenbedingungen für KI schaffen soll. Geplant ist eine Gefahreneinteilung, Anwendungen mit „inakzeptablem Risiko“ werden verboten, jene mit hohem müssen Auflagen erfüllen.
Während die KI-Entwicklung voranschreitet, mahlen die EU-Mühlen langsam. Eine Sitzung zum Thema wurde verschoben, was Tursky schäumen lässt. „Die Zeit drängt!“ Notfalls will er vorpreschen mit einem KI-Gütesiegel für Österreich, eine eigene Prüfstelle müsse her. Sobald eine EU-weite Regelung da ist, will er diese anwenden. „Ein Fleckerlteppich wäre sinnlos, KI kennt keine Grenzen.“ Bei aller Regulierung dürfe man „keinesfalls Innovation aufhalten“.
Tursky-Kritik aus der Wirtschaft
Genau das wird Tursky in der heimischen Wissenschaft vorgeworfen. Während in den USA das Geld für KI-Forschung locker sitzt, gebe es in Österreich zu wenig, kritisiert der weltweit anerkannte KI-Forscher Sepp Hochreiter. Obwohl man in der Entwicklung teils weiter als das Sprachmodell ChatGPT sei, fehle das Geld, um zu testen, so Hochreiter. Nur Entwicklungsländer würden weniger für KI-Forschung ausgeben.
Stimmt nicht, heißt es aus dem Staatssekretariat, allein die Forschungsförderungsgesellschaft habe in den letzten zwei Jahren rund 500 Millionen in KI-Programme gesteckt. Mehr Geld soll es für Grundlagenforschung geben, nächste Woche will sich Tursky mit Hochreiter zusammensetzen.
Leiser Zweifel an Nehammer-Vorstoß
Doch nicht nur Geld, auch die kalifornische Einstellung zur Technologie fehlt. „Während man KI hier als Zukunftsmodell sieht, gibt es in Österreich eine ziemliche Angst davor“, sagt Tursky. Laut einer Studie fürchtet ein Drittel um den eigenen Job. Auch deshalb wünscht sich Tursky neben Transparenz und Regulierung mehr digitale Bildung. „Die bisherigen Möglichkeiten für Fake News und Betrugsmails waren ein Kindergeburtstag.“
Auf die Frage, ob die schulische Vermittlung von Digitalkompetenz wichtiger sei als das von Kanzler Karl Nehammer verkündete Programmieren, gibt sich Tursky vorsichtig: „KI wird auch das zu einem gewissen Teil ersetzen.“
Christina Traar aus San Francisco