Rendi-Wagner blickte Bruno Kreisky aus einem Schwarz-Weiß-Porträt an der Wand über ihre Schulter. Hinter Hans Peter Doskozil prangte ein Zitat von Jean Paul Sartre ("Vielleicht ist es nicht die schönste Zeit, aber es ist die unsere"). Und Andreas Babler saß vor einer Akustikgitarre, als er von Corinna Milborn ausführlich zu seiner Vorstellung der SPÖ befragt wurde.

Weil die Stimmung zwischen den drei Kandidaten für den SPÖ-Vorsitz derartig unterkühlt ist, dass es im Zuge der Mitgliederbefragung keinen einzigen gemeinsamen Termin geben wird, führte Puls 4 am Mittwoch unmittelbar hintereinander Einzelinterviews mit ihnen und verschnitt die zentralen Aussagen zu den wichtigsten Themen danach miteinander.

Getrennt voneinander gingen Rendi-Wagner, Doskozil und Babler durchaus hart miteinander ins Gericht. Die Parteichefin kritisierte vor allem Doskozil, der sich nicht ausreichend von der "menschenverachtenden Politik" der FPÖ abgrenze. Als Beispiel nannte Rendi-Wagner dafür die Verluste der Sozialdemokraten bei den Landtagswahlen in Niederösterreich und Salzburg. Die dortigen Spitzenkandidaten, Franz Schnabl und David Egger, hätten auf "Doskozil-Kurs" nach rechts geblinkt.

Doskozil sieht sich naturgemäß nicht verantwortlich dafür: "Wenn ich für alle schlechten Ergebnisse, egal bei welcher Wahl, verantwortlich gemacht werde, frage ich mich, wer dann für die absolute Mehrheit im Burgenland verantwortlich ist."

32-Stunden-Woche: "Mehr Zeit zum Pfuschen?"

Babler deutet die roten Verluste bei der Salzburger Landtagswahl als Argumentation für sich selbst: Die KPÖ hätte mit leistbarem Wohnen auf ein typisch sozialdemokratisches Thema gesetzt. "Wenn man als Sozialdemokratie das Angebot auch glaubwürdig vermitteln kann – für das ja auch unser Programm und meine Kandidatur stehen –, hätten wir 29 Prozent gemacht." Seine eigene Vita zeige, "dass man nicht nach rechts blinken muss, um Wahlen zu gewinnen". Er wolle den Protest nicht gegen andere ohnmächtige Gruppen lenken, "sondern gegen die Mächtigen".

Video: Die Bewerber für die SPÖ-Spitze im Interview mit Corinna Milborn 

Der Traiskirchener Bürgermeister kritisiert eine fehlende inhaltliche Positionierung der derzeitigen Parteispitze rund um Rendi-Wagner. Er stehe für ein Gegenmodell "mit einem gewissen Stolz, Herzblut und vor allem einer SPÖ, die sich vor nichts und niemandem fürchtet und ihre Energie nicht hauptsächlich für persönliche Befindlichkeiten verwendet".

Zu wenig inhaltliche Substanz sieht Doskozil bei Babler: Er habe ihn nur einmal getroffen: "Aber seine migrations-, asyl- und fremdenpolizeilichen Schwerpunkte kenne ich nicht", so Doskozil. Für die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung, die Babler und Rendi-Wagner vertreten, hat Doskozil kein Verständnis. Gerade in Zeiten der Teuerung brauche es einen Mindestlohn. "Was signalisiere ich mit mehr Freizeit, die man eh nicht nutzen kann, weil man sich nichts leisten kann?", fragt er. "Mehr Zeit für einen zweiten Job? Mehr Zeit zum Pfuschen?"

Alle drei wollen regieren – aber nicht mit jedem

Rendi-Wagner zeigt sich zuversichtlich, dass sie die Mitgliederbefragung für sich entscheiden werde und die richtige Wahl sei: "Weil man sich auf mich verlassen kann." Anders als Andreas Babler und zuletzt auch Doskozil wollte die Wienerin zudem eine Koalition mit der ÖVP nicht ausschließen. Die SPÖ habe den Regierungsanspruch zu stellen und dürfe sich dabei nicht auf die Ampel beschränken. Eine Zusammenarbeit mit der FPÖ schloss sie abermals dezidiert aus.

Schon bei der Mitgliederbefragung selbst müsse er "weg von diesen alten, verkrusteten, bürokratischen Funktionärsdenken": Er könne – anders als die Parteichefin oder der burgenländische Landeshauptmann – nicht "auf ein Knopferl drücken, um Daten zu bekommen und die auszunutzen". Stattdessen würden Freiwillige für ihn Kontakte herstellen. "Natürlich hätte es fairere Prozesse geben können", findet Babler. Es sei aber "müßig, darüber zu sprechen, wenn man die Regeln nicht machen kann".