So nah wie heute war Marlene Svazek ihrem Traum noch nie gekommen: Nur wenige Prozentpunkte trennen ihre FPÖ in Salzburg laut ersten Hochrechnungen von der Volkspartei. Mit dem historisch besten Ergebnis ihrer Partei setzt die 30-Jährige den freiheitlichen Höhenflug fort, übertrifft ihn gar: In keinem anderen Bundesland ist die FPÖ so stark wie in Salzburg.
Schlechte Stimmung bringt Stimmen
Wie schon in Tirol und Niederösterreich zeigt sich: Wenn die FPÖ keine Konkurrenz am rechten Rand hat, kann sie schlechte Stimmung in handfeste Stimmen umwandeln. Und in Salzburg ist die Stimmung wirklich schlecht: Laut SORA-Wahltagsbefragung blickt nur jeder Sechste positiv auf die letzten fünf Jahre zurück, 42 Prozent der 1200 Befragten fällen ein negatives Urteil. Und fast zwei von drei Salzburgerinnen und Salzburger sind der Meinung, dass das Leben für die jüngere Generation einmal schlechter sein wird – das sind doppelt so viele wie noch vor fünf Jahren.
Dabei gehe es der FPÖ in Zeiten von Krieg und Teuerung nicht mehr nur um Migration oder die Maßnahmen gegen das Coronavirus, im Bund wie in Salzburg bediene die Partei eine größere Erzählung von "Unterdrückung versus Freiheit", erklärt der Politikberater Thomas Hofer. Zusätzlicher Faktor aus Sicht der Freiheitlichen: "Wir hatten die beste Spitzenkandidatin!", hieß es am Wahlabend. Dabei ist Svazek alles andere als eine typische FPÖ-Chefin.
Scharfe Rhetorik, klare Grenzen
So tritt die 30-Jährige öffentlich mitunter leger und bürgernah auf: Mit Sneakern, Sonnenbrille und Eis schlenderte die Salzburgerin am sonnigen Wahlsonntag zur Wahlzentrale. In der politischen Debatte vertritt die jüngste – und einzig weibliche – FPÖ-Landeschefin die harte inhaltliche Linie der Bundespartei, setzt aber auf deutlich sanftere Töne als Bundesparteichef Herbert Kickl. Denn als leidenschaftliche Jägerin weiß sie, wie viel Schaden Irrläufer anrichten können: "Wenn ein Jäger einen Fehler macht, geraten alle anderen in Verruf. Das ist auch in der Politik so", sagte sie im Interview mit der Kleinen Zeitung.
Grenzen zieht sie dabei auch zu den rechten Rabiaten in Niederösterreich: Als ihr Parteikollege Gottfried Waldhäusl Schülerinnen aufgrund ihres Migrationshintergrundes beleidigte, befand sie gegenüber der "Presse", Waldhäusl sei "irgendwo in seinem Denkmuster verunfallt oder vielleicht falsch abgebogen". Antisemitische Liederbücher und andere rechtsextreme Entgleisungen sucht man bei Svazek ohnehin vergeblich. Kein Wunder, dass Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) im Wahlkampf eine Koalition mit ihr nicht ausgeschlossen hat – obwohl Svazek selbst lieber ohne den ÖVP-Chef regieren würde.
Zug zum Ziel
Denn hinter dem freundlichen Gesicht der Freiheitlichen versteckt sich eine knallharte Machtpolitikerin: Fast selbstverständlich hatte die Jägerin im Wahlkampf auf den Sessel der Landeshauptfrau gezielt. Auf Bundesebene will sie alles dafür tun, Kickl zum Kanzler zu machen.
Die übergeordneten Ebenen hat die betont heimatverbundene Bewunderin der französischen rechts-außen Politikerin Marine Le Pen ohnehin immer im Hinterkopf: Schon früh als politisches Ausnahmetalent entdeckt, wurde sie 2016 im Alter von nur 24 Jahren Obfrau einer zerstrittenen Landespartei. Ein Jahr später zog sie in den Nationalrat ein, 2018 half sie als FPÖ-Generalsekretärin der Bundespartei beim Regieren.
Zu schnell ganz oben
Schon bei der Landtagswahl 2018 setzte sie bewusst auf den für die FPÖ unüblichen Sympathiefaktor: Den Wahlspruch "Marlene mag man eben" musste der blaue Jungstar aber wieder zurückziehen, nachdem der Süßwarenhersteller "Manner" rechtliche Schritte angedroht hatte. Nach der Landtagswahl 2018 zog sich Svazek "bewusst", wie sie betont, als Klubchefin ins Bundesland zurück: "Ich war zu jung, zu schnell ganz oben", sagt sie heute.
Seitdem konzentriert sie sich auf "ihr" Bundesland, schließt eine Rückkehr in den Bund aber nicht aus. Gelingt ihr der Sprung in die Landesregierung nicht, könnte sie FPÖ-Chef Kickl leicht in eine mögliche Bundesregierung mit blauer Beteiligung holen. Mit dem besten Ergebnis einer FPÖ-Landespartei im Rücken, wird die 30-Jährige wohl aber auch ohne Mandat künftig mehr in der Bundespartei mitzureden haben.
Maximilian Miller