Sigrid Stagl, geboren 1968, erlangte 1999 am Rensselaer Polytechnic Institute in New York als weltweit erste Person das Doktorat in Ökologischer Ökonomie. 2008 wurde sie Professorin an der WU Wien, 2014 gründete sie dort das Institute for Ecological Econo
Sigrid Stagl, geboren 1968, erlangte 1999 am Rensselaer Polytechnic Institute in New York als weltweit erste Person das Doktorat in Ökologischer Ökonomie. 2008 wurde sie Professorin an der WU Wien, 2014 gründete sie dort das Institute for Ecological Econo © KLZ

Effizienz ist eines der obersten ökonomischen Prinzipien. Wo nicht effizient produziert wird, werden Ressourcen verschwendet, was zu höheren Kosten und Preisen führt. Unter diesem Gesichtspunkt ist es verständlich, dass praktisch alle Autohersteller auf batterieelektrische Fahrzeuge für den motorisierten Individualverkehr der Zukunft setzen. Die Herstellung von E-Fuels ist nämlich extrem energieintensiv und daher teuer.

Damit der Kraftstoff tatsächlich klimaneutral ist, muss CO2 aus industriellen Abgasen oder aus der Luft abgeschieden und Wasserstoff unter Einsatz von erneuerbarem Strom per Elektrolyse erzeugt werden. Dafür sind große industrielle Anlagen notwendig, deren Planung und Bau kaum begonnen haben.

Selbst bei einem ambitionierten Ausbaupfad werden E-Fuels daher noch lange Mangelware sein. Bei der Erzeugung von E-Fuels entstehen notwendigerweise hohe Umwandlungsverluste gegenüber einer direkten Nutzung des erneuerbar erzeugten Stroms. Auch der Verbrennungsmotor hat einen physikalisch begründeten Effizienznachteil gegenüber dem Elektromotor. Summa summarum kommen daher bei einem Verbrenner, der mit E-Fuels betrieben wird, nur etwa 15 Prozent des erneuerbaren Stroms am Antriebsrad an. Bei einem batterieelektrischen Pkw sind es hingegen heute schon über 70 Prozent.

Aber nicht nur die Effizienzfrage spricht gegen den Einsatz von E-Fuels für Pkw. Selbst wenn durch die Herstellung von E-Fuels keine neuen Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre eingebracht werden, entstehen durch die Verbrennung immer noch die altbekannten Luftschadstoffe. Der Umstieg auf Elektroautos wird also auch die Luftqualität in unseren Städten substanziell verbessern.

E-Fuels werden aus den genannten Gründen wohl keinen großflächigen Einsatz im motorisierten Individualverkehr finden. Deren Weiterentwicklung und der Ausbau der Produktionskapazitäten ist dennoch von äußerster Wichtigkeit. Sie werden in allen Sektoren zum Einsatz kommen müssen, die nicht direkt auf erneuerbaren Strom umgestellt werden können. Dazu zählen etwa die Schiff- und Luftfahrt sowie die schwere Industrie. Auch als saisonale Speicher für ein klimaneutrales Stromnetz werden wir sie benötigen.

Die Einhaltung der Klimaziele ist eine Mammutaufgabe, die einen Fokus auf die besten verfügbaren Lösungen und Systemdenken erfordert. Die Rolle der Politik ist es, die verschiedenen Wirtschaftsbereiche durch klare Rahmenbedingungen in ihrer Transformation zu unterstützen.

Das Propagieren ineffizienter Lösungen birgt die Gefahr, das Investitionsrisiko für Unternehmen zu erhöhen und damit die Dekarbonisierung zu verzögern.

Helmut Eichlseder, geboren 1958 in Steyr, leitet das Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik an der TU Graz. Im Jahr 1978 begann er in Graz mit dem Maschinenbaustudium. Ab 1990 bei BMW, 2001 erfolgte die Berufung an die TU Graz.
Helmut Eichlseder, geboren 1958 in Steyr, leitet das Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik an der TU Graz. Im Jahr 1978 begann er in Graz mit dem Maschinenbaustudium. Ab 1990 bei BMW, 2001 erfolgte die Berufung an die TU Graz. © KLZ

Zum Antrieb von Fahrzeugen für Personen- und Gütermobilität sowie Non-Road-Anwendungen in Land- und Bauwirtschaft wird Energie benötigt, die heute für einen beträchtlichen Teil des globalen Energieverbrauches und damit die anthropogen verursachten CO₂-Emissionen verantwortlich ist. Gemeinsamer Nenner ist, dass die zwingend erforderliche Reduktion der Treibhausgase zukünftig eine Defossilisierung bedingt.

Auf Basis erneuerbarer Energie aus Wind, Sonne und Wasserkraft kann die mechanische Antriebsenergie für Fahrzeuge über unterschiedliche Pfade bereitgestellt werden: Der wirkungsgradgünstigste Weg ist über elektrische Energie, die im Fahrzeug gespeichert und mit E-Motoren umgesetzt wird. Eine signifikante Herausforderung für energieintensive Antriebe stellt dabei die Speicherung von großen elektrischen Energiemengen dar. Dies gilt ebenso für die saisonalen Schwankungen des erneuerbaren Energieaufkommens –Stichwort „Dunkelflaute“ –, welches nicht mit dem Bedarf übereinstimmt.

Den Bedarf unseres gesamten Energiesystems zu transferieren und erneuerbar abzudecken, sehen selbst optimistische Prognosen lange nicht innerhalb Europas machbar. Ob wir es schätzen oder nicht: Wir werden erneuerbare Energie importieren müssen, wofür ein Speichermedium notwendig ist. Das kann Wasserstoff sein, aus meiner Sicht das „erste“ E-Fuel, aber auch Ammoniak, Methanol oder eben das umgangssprachlich mit E-Fuel assoziierte Diesel- oder Benzinderivat. Dass der Wirkungsgrad durch die mehrfache Umwandlung deutlich niedriger als bei direkter Stromnutzung ist, ist richtig. Es relativiert sich jedoch dadurch, dass die „Ernte“ sowohl von Solarpaneelen als auch Windrädern in günstigen Gegenden um den Faktor zwei bis drei größer ist.

Abgesehen von energieintensiven Anwendungen in Schiffen und im Schwerverkehr, für die E-Fuels in Form von Wasserstoff, Methanol, Ammoniak eine Schlüsselrolle spielen werden, sehe ich den Fahrzeugbestand als wichtigsten Grund für E-Fuels. Selbst mit einer vorgezogenen ausschließlichen Neuzulassung von E-Fahrzeugen ab 2030 werden die Klimaziele der EU ohne Einbeziehung der Bestandsflotte deutlich verfehlt. Zu den weltweit mehr als 1300 Millionen Fahrzeugen heute kommen jedes Jahr 80 Millionen mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 10 bis 15 Jahren dazu.

Für eine rasch wirksame Defossilisierung zur Erreichung der Klimaziele wird es also nicht reichen, alleine auf Elektrofahrzeuge zu setzen, E-Fuels sind dafür unbedingt zusätzlich erforderlich.

Ohnehin sind diese für energieintensive Anwendungen, bei denen Batteriespeicherung keine sinnvolle Alternative darstellt, unabkömmlich.