In mehreren Interviews gesteht der frühere SPÖ-Vorsitzende und Bundeskanzler Christian Kern eine Mitschuld an den derzeitigen Problemen der Partei ein. Seinen Rückzug im Jahr 2018 sieht er mittlerweile kritisch. "Ich weiß, dass auch viele Unterstützer damals enttäuscht waren, dass ich vorzeitig gegangen bin. Mir tut das wirklich leid, muss ich sagen, diese Erwartungshaltungen enttäuscht zu haben", sagt er in einem Interview mit Wien heute.

Auf die Frage, ob er nach seinem überhasteten Rücktritt schuld an dem jetzigen Schlamassel sei, antwortet Kern im aktuellen "profil": "Ja, das bin ich." Und weiter: "Mir ist mein Anteil am jetzigen Schlamassel absolut bewusst. Und ich verstehe alle, die nachtragend sind. Es tut mir leid, dass ich ihnen nicht einmal widersprechen kann."

"Führungsvakuum" in der SPÖ

Die Mitgliederbefragung nennt Kern im Interview mit dem Nachrichtenmagazin laut Vorabmeldung einen "verrückten Prozess", auch deshalb kandidiere er nicht. Man sei hineingestolpert, ohne klare Regeln vorzugeben. "Ein Teil will die Mitgliederbefragung, ein anderer Teil setzt alles daran, das Verfahren lächerlich zu machen." Er hofft auf ein reinigendes Gewitter, aber: "Natürlich gibt es in der SPÖ ein Führungsvakuum. Es gibt keine Autoritäten mehr, denen alle gerne folgen. Wenn die verschiedenen Lager nicht zueinander finden, dann wird die SPÖ länger keine Rolle spielen."

Theoretisch gäbe es auch am Parteitag noch die Möglichkeit für ihn, zu kandidieren. "Ich werde nicht kandidieren", macht er im Wien heute-Interview allerdings klar. Wen er bei der Befragung unterstützen wird, ließ Kern auch auf mehrfache Nachfrage hingegen offen. "Nachdem die Kandidaten dann ihre Pläne vorlegen werden, wird man sich ein Urteil bilden können."

Bereits vor einer Woche hatte sich Wiens Bürgermeister Michel Ludwig deutlich gegen eine Kandidatur von Christian Kern ausgesprochen: "Es wäre auch ein merkwürdiges Bild: dass er nach einer verlorenen Wahl als Kanzler aus der Partei ausscheidet, die Opposition einer von ihm selbst vorgeschlagenen Frau überlässt, um dann wieder das Kanzleramt anzustreben", meinte Ludwig im "Standard".