Wenn Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) morgen Abend zu einer Reise nach Skandinavien aufbricht, dann tut er es auch, um eines jener Vorhaben zu konkretisieren, das er in seiner Zukunftsrede angesprochen hat: Reduzierte Sozialleistungen für alle, die noch nicht lange genug im Land sind.

Als Vorbild nannte Nehammer Dänemark. Dort gibt es einen eigenen Sozialleistungstopf für Menschen, die in den letzten zehn Jahren weniger als neun Jahre im Land gewohnt haben. Diese „Selbstversorgungs- und Heimkehrerbeihilfe“ beträgt für alleinstehende Personen aktuell 836 Euro monatlich. Das Modell gibt es seit 2002, 2012 wurde es auch vom dänischen Höchstgericht für rechtmäßig erklärt. Neu ist die Begeisterung für das dänische Modell nicht: Schon 2016 brachte Reinhold Lopatka, damals ÖVP-Klubchef, die dänische Regelung ins Spiel.

Verfassungsrechtler skeptisch

Wäre es jetzt umsetzbar? Ja, wenn es Wartefristen gibt, die für alle gelten - also für Österreicher und ausländische Staatsbürger, meint Nehammer. Gegen Unionsrecht würde das nicht verstoßen, sagt auch Europarechtler Walter Obwexer, solange auch während der Wartezeit ein „menschenwürdiges Leben“ ermöglicht werde.

Allerdings scheiterte ein ähnliches Vorhaben in Niederösterreich 2018 am VfGH, also am österreichischen Recht. Dieser bewertete es als „unsachlich“, dass österreichische Staatsbürger je nach Aufenthaltsdauer im Land unterschiedlich behandelt werden. Verfassungsjurist Peter Bußjäger hält auch deswegen eine Adaption des dänischen Modells für schwer möglich: "Es wäre eine Scheinkonstruktion, die das Diskriminierungsverbot umgehen soll", sagt er. "Sie würde fast ausschließlich Asylberechtigte treffen. Ich glaube nicht, dass das hält."

Fragwürdiges Vorbild Vorarlberg

Auch Vorarlberg nannte Nehammer als Vorbild: Dort bekommt laut Landesgesetz nur Sozialhilfe in voller Höhe, wer einen Sprachkurs absolviert hat. Aus dem Büro der Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne) heißt es jedoch: Noch nie hätte sich jemand geweigert, einen solchen Kurs zu absolvieren, die Sozialhilfe wäre aufgrund dieser Auflage noch niemandem gekürzt worden.

Der VfGH erteilte am Dienstag einem anderen Wunsch Nehammers eine Absage: Er wolle, dass Asylwerbende „viel mehr Sachleistungen als Geldleistungen“ bekämen, sagte er. Ausgerechnet jenen Teil der türkis-blauen Reform, der vorschreibt, dass Zusatzleistungen zu Sozialleistungen nur durch Sachleistungen erbracht werden dürfen, befand der VfGH als verfassungswidrig.