Um Jux-Kandidaturen im Keim zu ersticken, baut die SPÖ nun doch eine Hürde für ein Antreten bei der Mitgliederbefragung ein. Wer sich für das höchste Amt in der Partei bewirbt, muss mindestens 18 Jahre alt sein und 30 Unterschriften von Parteimitgliedern vorlegen. 72 Personen wollen gegen SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ins Rennen gehen. Jede Kandidatin, jeder Kandidat muss bestätigen, dass er keiner anderen Partei angehört. Auch muss ein Strafregisterauszug vorgelegt werden. Ebenso muss der Mitgliedsbeitrag vorliegen. Alle Kandidaten sollen Anfang April mit Bild und kurzem Lebenslauf auf der Homepage der SPÖ veröffentlicht werden. Um den Bedenken des Doskozil-Lagers Rechnung zu tragen, wird als oberster Schiedsrichter der Präsident der Notariatskammer, Michael Umfahrer, eingesetzt.

Auch wurde der Stimmzettel fixiert. So lautet die Formulierung: 
"Ich bin dafür, dass Bundesparteivorsitzende Dr.in Pamela Rendi-Wagner Vorsitzende der SPÖ bleibt und Spitzenkandidatin bei der nächsten Nationalratswahl wird." In einer nächsten Zeile heißt es: "... oder dass Landesparteivorsitzender des Burgenlandes, Mag. Hans Peter Doskozil, Vorsitzender der SPÖ und Spitzenkandidat bei der nächsten Nationalratswahl wird oder dann alle andere Kandidaten – abhängig vom Einlangen der Kandidatur. Der Traiskircher Bürgermeister Andreas Babler ist demnach nicht auf Platz drei gereiht.

Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch auf dem Weg in das Parteipräsidium
Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch auf dem Weg in das Parteipräsidium © APA/HELMUT FOHRINGER

Was ist von der heutigen Sitzung der SPÖ-Granden zu erwarten?

Das SPÖ-Präsidium wie auch der SPÖ-Vorstand werden Zwischenbilanz ziehen, nachdem bekannt geworden ist, dass sich 73 Personen um den SPÖ-Vorsitz beworben haben. Am Freitag um 23.59 Uhr lief die Bewerbungsfrist ab. 

Vor der Sitzung des Präsidiums betonte Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, dass es bei dem Votum ohnehin nur um die Erhebung eines "Stimmungsbildes" gehe. Die Entscheidung müsse soundso auf einem außerordentlichen Parteitag fallen. Daher hält er auch keine "Stichbefragung" unter den Mitgliedern für nötig, sollte bei der Befragung keine absolute Mehrheit erreicht werden.

Bis wann weiß man, wie seriös die Kandidaturen sind?

Angeblich erst Ende dieser Woche. In der Bundespartei heißt es, man müsse nicht nur Fake-Kandidaturen bzw. Leute, die nicht SPÖ-Mitglied sind, aussieben. Auch müsse und wolle man mit allen Kandidatinnen und Kandidaten in direkten Kontakt treten. Manchmal fehle die Adresse, nicht immer sei klar, ob die Person auch tatsächlich existiere.

Sind Prominente auf der Liste?

Angeblich ist niemand auf der Liste, der eine überregionale Bekanntheit aufweist – ausgenommen:

Namentlich bekannt sind bisher außerdem:

  • der niederösterreichische SPÖ-Gemeinderat Gerhard Weißensteiner
  • das burgenländische SPÖ-Mitglied Berthold Felber
  • der Niederösterreicher Gerald Kitzmüller, der von Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) aufgrund eines Tweets geklagt wurde, ist in die SPÖ eingetreten, um zu kandidieren

Werden Präsidium und Vorstand angesichts des enormen Andrangs neue Hürden aufstellen?

Dass sich jedes SPÖ-Mitglied für das höchste Amt in der Partei bewerben kann, wurde bei der letzten Sitzung ausdrücklich so fixiert. Würde man nun jetzt Unterstützungserklärungen verlangen, wäre das eine Änderung der Spielregeln.

Genau darauf drängt allerdings Oberösterreichs Landeschef Michael Lindner, der vor der Sitzung von wenigen 100 Unterstützungserklärungen, die als Voraussetzung für eine Kandidatur dienen könnten, sprach. Auch Tirols Landesvorsitzender Georg Dornauer drängt auf ein kleineres Kandidatenfeld. Die SPÖ dürfe sich nicht in den "Eindruck der Lächerlichkeit manövrieren". "Wir müssen jetzt retten, was zu retten ist."

Das heißt, am Stimmzettel werden wahrscheinlich zwischen 40 und 60 Namen aufscheinen?

Das ist die derzeitige Beschlusslage.

Ist eine Kampfabstimmung geplant, sollte niemand über 50 Prozent kommen?

Bei der letzten Sitzung ist diese Idee verworfen worden – und zwar auch deshalb, weil die Mitgliederbefragung nicht bindend ist. Formell hat der Parteitag das letzte Wort.

Wie läuft die Mitgliederbefragung konkret ab?

Rund 147.000 Parteimitglieder – etwas mehr als 9000 sind in den letzten Tagen dazugestoßen – erhalten am 24. April per Mail bzw. per Post die Unterlagen. Bis zum 10. Mai hat man für die Abstimmung Zeit. Man kann theoretisch doppelt abstimmen, es wird allerdings nur einmal gezählt. Im Zweifelsfall zählt das Votum, das per Post in der Bundespartei eingelangt ist.

Das Doskozil-Lager hatte den Leiter der Wahlkommission, Harry Kopietz, als obersten Schiedsrichter abgelehnt. Wie geht es hier weiter?

Dem Vernehmen nach wurde vereinbart, dass der Präsident der Österreichischen Notariatskammer, Michael Umfahrer, als oberster Schiedsrichter beigezogen wird.

Ist das Ergebnis der Mitgliederbefragung bindend?

Formell nicht. Das letzte Wort hat der Parteitag am 3. Juni, wo jedes SPÖ-Mitglied noch einmal kandidieren könnte, also etwa Christian Kern oder Michael Ludwig. Man kann aber davon ausgehen, dass sich die Funktionäre nicht über das Votum der Basis hinwegsetzen werden. Auch haben Rendi-Wagner und Doskozil angekündigt, das Ergebnis der Mitgliederbefragung zu akzeptieren. Die Parteichefin kündigte sogar an, bei einer Niederlage die Politik zu verlassen.

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner wird in keine Stichwahl gehen müssen
SPÖ-Chefin Rendi-Wagner wird in keine Stichwahl gehen müssen © (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)

Wer macht das Rennen um den SPÖ-Vorsitz?

Seriöse Prognosen sind angesichts der chaotischen Ausgangslage derzeit unmöglich. Dass das Match zwischen Rendi-Wagner, Doskozil und Babler entschieden wird, davon kann man ausgehen. Niemand weiß allerdings, wer das Momentum auf seiner Seite hat, wer tatsächlich seine Stimme abgibt.