In die SPÖ ist in den vergangenen Tagen mehr Bewegung gekommen als seit Jahrzehnten. Seit sich das Parteipräsidium angesichts des Machtkampfes zwischen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil am Mittwoch entschlossen hat, die Mitgliederbefragung um die Führung für alle Interessenten zu öffnen, kann sich die Partei kaum vor Bewerbern retten.

Nachdem Andreas Babler, der hemdsärmelige Bürgermeister von Traiskirchen seinen Hut ins Rennen geworfen hatte, hat Ex-Parteirebell Nikolaus Kowall seine Kandidatur zurückgezogen. „Die Stimmen sollen sich nicht zwischen Andi Babler und mir aufsplitten“, so Kowall.

Neben Babler, dem Parteikenner durchaus Chancen attestieren, haben sich auch weniger prominente Kandidaten um den Vorsitz beworden – darunter Gerald Kitzmüller, der einst von Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) aufgrund eines Tweets geklagt wurde. Auch Ex-BZÖ-Chef Gerald Grosz wollte der Partei beitreten und kandidieren, wurde aber von der SPÖ abgelehnt. Er will nun seine Katze anmelden.

Prognosen, wie die Mitgliederbefragung ausgehen könnte, sind de facto unmöglich. Die SPÖ-Mitglieder seien – wie die Mitglieder aller Parteien – „ein ganz eigener Kosmos“, sagt Meinungsforscher Peter Hajek.

Zahlen gibt es aber dazu, wie Parteichefin Rendi-Wagner und Herausforderer Doskozil bei einer Nationalratswahl abschneiden würden. Demnach hätte die SPÖ im Bund unter Doskozil deutlich bessere Ergebnisse als die aktuelle Parteichefin. Für „heute“ wiederholte Hajek diese Woche jene Umfrage, die die Führungsdebatte im Herbst befeuert hatte: Mit Doskozil an der Spitze würde die SPÖ demnach mit 31 Prozent deutlich vor der FPÖ mit 25 Prozent den ersten Platz belegen. Rendi-Wagner würde hingegen mit 25 Prozent mit der ÖVP (24 Prozent) um den zweiten Platz rittern.

Die Suche nach Stimmen rechts der Mitte

„Man sieht immer dasselbe Muster“, sagt Hajek: Rendi-Wagner könnte mehr Personen halten, die schon 2019 ihr Kreuz bei der SPÖ gemacht hatten. Außerdem würde die Parteichefin tendenziell mehr Wähler von Neos und Grünen überzeugen, als dies Doskozil könnte, erklärt der Meinungsforscher. Doch um eine linke Mehrheit zu finden, müsse man auch Mitte-rechts-Stimmen sammeln, sagt Hajek.

Normalerweise geschehe das nicht: „Wir wissen seit einiger Zeit, dass es zwischen links und rechts der Mitte kaum Austausch gibt“. Doskozil könnte das gelingen: Seine potenzielle Wählerschaft könnte zu einem Drittel aus ehemaligen ÖVP- und FPÖ-Wählern bestehen.

Babler dagegen müsste vor einer möglichen Spitzenkandidatur seine Bekanntheit stark steigern, sagt Hajek. Gelingt dies dem Niederösterreicher, könnte auch Babler für die SPÖ neue Wählerschichten erschließen.