Einundzwanzig Kapitel, alphabetisch geordnet von „Arbeit“ bis „Zusammenarbeit“, umfasst das Arbeitsübereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ, auf dessen Basis Niederösterreich die kommenden fünf Jahre lang regiert werden wird. Aber da ist noch ein 22. Kapitel, das sich nicht im Inhaltsverzeichnis findet – und das, vorbei an der alphabetischen Ordnung, allen anderen vorangestellt ist.

„Corona“ heißt das Kapitel, und nirgendwo anders wird so deutlich, wie die Freiheitlichen, die bei der Landtagswahl Ende Jänner auf 24,2 Prozent der Stimmen gekommen sind, sich darin gegenüber einer ÖVP durchgesetzt hatte, die 39,9 erreicht hatte.

Keine Impf-Werbung mehr

Unter dem Motto „Gräben schließen – Verantwortung übernehmen“ steht dort zum Beispiel: „Das Land Niederösterreich wird keine Werbemaßnahmen mehr für die Coronaimpfung durchführen.“ Es soll außerdem Gesetze „gegen Diskriminierung aufgrund des Corona-Impfstatus“ geben, und alle Bewerber, deren Bewerbung für den Landesdienst mangels Coronaimpfung abgelehnt wurde, wird das Land neuerlich einladen.

Darüber hinaus wird das Land einen mit 30 Millionen Euro dotierten Fonds einrichten, der „die negativen Auswirkungen der Coronamaßnahmen“ ausgleichen soll. Und Türkis-Blau wird Strafgelder zurückzahlen, „die aufgrund von Bestimmungen verhängt wurden, die in der Folge vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden sind“.

Förderung für traditionelle Speisen

Aber auch abseits der Corona-Aufarbeitung findet sich die blaue Handschrift in dem gesamten Regierungsprogramm dick geschrieben: So wird das Land Maßnahmen treffen, um sich „für die überwiegend wirtschaftlich motivierten Zuwanderer“ möglichst unattraktiv zu machen. Die Wohnbauförderung soll – ähnlich wie in Oberösterreich – an Deutschkenntnisse geknüpft, eine Wirtshausprämie nur ausgezahlt werden, „wenn der neue Wirt ein traditionelles und regionales Speisenangebot aufweist“.

Die Personalfragen sind ebenfalls geklärt: Der bisherige FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl verlässt die Landesregierung und wird 2. Landtagspräsident, an seiner Stelle ziehen neben Landbauer die Juristen Susanne Rosenkranz (Gattin von FPÖ-Volksanwalt Walter Rosenkranz) und Christoph Luisser ein, sie übernehmen die Ressorts Arbeitsmarkt und Sport.

Wählen wird die FPÖ, die im Wahlkampf massiv gegen Mikl-Leitner kampagnisiert hatte, die 59-Jährige nicht – „wir werden ungültig stimmen“, sagt Landbauer, womit sich die Mehrheit für Mikl-Leitner allein mit den Stimmen der ÖVP ergeben dürfte. Die ÖVP wird Landbauer dagegen zum Landeshauptfrau-Stellvertreter wählen.
„Dass wir heute gemeinsam vor Ihnen stehen, wird viele überraschen und manche irritieren“, gestand Mikl-Leitner bei der Präsentation des Paktes am Freitag ein. Es sei aber Ergebnis der Blockade durch die SPÖ – und Ergebnis eines „harten Ringens“ um einen gemeinsamen Kurs. Die „Streitereien“ zwischen ÖVP und FPÖ seien tief gegangen, die Differenzen groß. Daher habe man zuerst mit der drittplatzierten SPÖ verhandelt: „Das alleine sagt eigentlich alles.“

Schuld sind "Wiener Spin-Doktoren"

Noch bevor sie ihr Programm präsentierte, griff die Landeshauptfrau die SPÖ an: Deren „Wiener Spin-Doktoren“ müssten sich den Vorwurf gefallen lassen, „nicht wie normale Erwachsene an einem Tisch sitzen und verhandeln zu können“, doch: „Mit Niederösterreich spielt man nicht.“ Die maßlosen Forderungen der SPÖ hätten dazu geführt, dass die Volkspartei mit den Freiheitlichen zusammenarbeite.

„Das Wohlergehen der österreichischen Bevölkerung steht über eigenen Befindlichkeiten“, sagte auch FPÖ-Chef Landbauer, der im Wahlkampf eine Wahl Mikl-Leitners kategorisch ausgeschlossen hatte. Man habe sich bewusst dafür entschieden, nicht „den einfachen Weg“ zu wählen und ohne Bündnis oder Zuständigkeiten in die Proporz-Regierung zu gehen. Er sehe das Wahlergebnis als „klaren Auftrag“.