Dass die Basis befragt wird, um eine Führungsfrage zu klären, hat in Österreich Seltenheitswert. Am ehesten findet sich dieses Modell bei den Neos, wo bei Personalentscheidungen die Mitglieder eingebunden werden. So gesehen betritt die SPÖ Neuland. Pamela Rendi-Wagners Mitgliederbefragung vor ein paar Jahren besaß eher den Charakter einer Vertrauensabstimmung.

Basisbefragung sind Verlegenheitslösungen

Bei Europas Sozialdemokraten stehen Urabstimmungen auf der Tagesordnung, im Regelfall sind sie allerdings Verlegenheitslösungen, weil die jeweilige Partei in einer schweren Krise steckt. In Deutschland wurde nach dem Abgang von Andrea Nahles die Basis befragt, um die Abwärtsspirale zu stoppen. In Frankreich entschied man sich 2017 zu dem Schritt, weil sich Ex-Sozialdemokrat Emmanuel Macron mit einer eigenen Bewegung für das höchste Amt im Staat bewarb – und der sozialdemokratische Amtsinhaber Francois Holland mangels Popularität gar nicht mehr für die Wiederwahl beworben hat.

Kanzler Scholz fiel bei der Basis durch

In Deutschland setzten sich im Kampf um die SPD-Doppelspitze 2019 Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gegen den heutigen SPD-Kanzler Olaf Scholz und Klara Gewitz durch. Im ersten Wahlgang landete das Team Geywitz/Scholz noch auf Platz eins, in der Stichwahl hatten die Zweitplatzierten des ersten Durchgangs Esken/Walter Borjans mit 53,1 gegen 45,3 Prozent das bessere Ende für sich.

Spaniens Premier gewann zweimal

Der jetzige spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez entschied gleich zweimal, 2014 und 2017, das Rennen um den Parteivorsitz für sich. Sánchez setzte er sich im Juli 2014 mit 49 Prozent der Stimmen gegen seine Mitbewerber Eduardo Madina (36 Prozent) und Josá Antonio Pérez Tapias (15 Prozent). Im Mai 2017 kandidierte er neuerlich, er verweis mit knapp über 50 Prozent die Regierungschefin von Andalusien, Susana Díaz (39,9 Prozent), sowie den ehemaligen Regierungschef des Baskenlandes, Patxi López (9,9 Prozent) auf die Plätze.

Linker Flügel setzte sich in Italien durch

In Italien gewann im Februar Elly Schlein die Basisabstimmung, mit 54 Prozent schlug die junge, progressiv geltende, selbstbewusste Politikerin überraschend Stefano Bonaccini, den Präsident der norditalienischen Region Emilia Romagna. In Großbritannien machte im Frühjahr 2020 Keir Stammer das Rennen, seine beiden Gegenkandidatinnen Rebecca Long-Bailey und Lisa Nandy hatten das Nachsehen.

Desaster nach Basisabstimmung bei Präsidentenwahl

In Frankreich ritterten 2017 mehrere SP-Granden um die Spitzenkandidatur für die Präsidentenwahl, darunter Ex-Premier Manuel Valls, Ex-Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg, Ex-Bildungsminister Benoît Hamon. In die Stichwahl schafften es Hamon und Valls, die Hamon für sich entschied. Die Präsidentenwahl endete mit einer krachenden Niederlage für die Sozialistische Partei. Hamon kam gerade einmal auf 6,6 Prozent. Ins Elysée zog Emmanuel Macron, der einstige Wirtschaftsminister einer roten Regierung, ein.