Der erste Tag der Klubklausur der Wiener SPÖ, der immer noch mächtigsten Landespartei, neigte sich im burgenländischen Seewinkel dem Ende zu, als plötzlich bei anwesenden Journalisten Gerüchte auftauchten, Pamela Rendi-Wagners Widersacher, Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, wolle sich in Kürze öffentlich zu Wort melden. Niemand wusste zunächst, wohin die Reise gehen würde, ob der Burgenländer seine Kandidatur bekannt geben wolle, seinen Ambitionen eine Absage erteilen werde, die burgenländische SPÖ abspalten oder auf Zeit spielen wolle.
Bürgermeister Michael Ludwig konferierte gerade im kleinen Kreis, als ihm eine ORF-Journalistin wenige Minuten später die Kunde überbrachte, dass Doskozil gegen die Parteichefin in den Ring steigen wolle. Ludwig zog sich im Thermenhotel umgehend mit seinen engsten Vertrauten zu Beratungen zurück. Auch die Parteizentrale in der Löwelstraße wurde aus heiterem Himmel von der Entwicklung überrascht, knapp zuvor hatte es auf Nachfrage der Kleinen Zeitung noch geheißen, man wisse nichts von solchen Gerüchten.
Ludwig: "Erleichtert, dass er sich entschlossen hat"
In jedem Fall sorgte Doskozil gerade auch in SPÖ-Kreisen für einen Paukenschlag. Im Vorfeld der heutigen Präsidiumssitzung kündigte er in einem Brief an alle Mitglieder des Präsidiums wie auch des Vorstands an, dass er für den Parteivorsitz kandidieren werde. In einer Urabstimmung sollte die Basis darüber entscheiden.
Am Vormittag hatte sich Ludwig noch hinter Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, die eigens nach Frauenkirchen gekommen war, um Begrüßungsworte zu sprechen, gestellt. In einem Statement gegen 17 Uhr klang es schon anders. Er, Ludwig, sei „erleichtert, dass Doskozil sich entschlossen hat, für den Vorsitz zu kandidieren.“ Nun sollte bald eine Entscheidung herbeigeführt werden. Eine Unterstützungserklärung für Rendi-Wagner gab der Wiener Bürgermeister dann nicht mehr ab.
Heute tagen SPÖ-Präsidium und -Vorstand
Wie es in der SPÖ weitergeht, soll heute im Präsidium (ab 13 Uhr) wie auch im Vorstand entschieden werden. Zur Debatte stehen zwei Optionen: Entweder wird ein Sonderparteitag – womöglich noch vor dem 1. Mai – einberufen, bei dem die Funktionäre eine Entscheidung treffen, oder es ist die Basis, die das letzte Wort hat. Eine solche Urabstimmung würde kaum vor Juni, wenn nicht sogar später über die Bühne gehen. Während Doskozil eine Urabstimmung präferiert, zeigt sich Rendi-Wagner nach Informationen der Kleinen Zeitung offen für beide Optionen. „Jetzt liegen die Karten auf dem Tisch“, heißt es in der Umgebung der Parteichefin. „Mehrheiten werden über die weitere Vorgehensweise entscheiden, so wie es in einer demokratischen Partei üblich ist.“
Die Länder sind gespalten
Die neun SPÖ-Landesorganisationen sind über die weitere Vorgehensweise gespalten. Die Steiermark und Kärnten halten sich eher bedeckt, Niederösterreich und Salzburg präferieren eine Basisabstimmung, Vorarlberg ist dagegen.
Kein Rosenkrieg. In dem zweiseitigen Brief schreibt der Burgenländer von „tief greifenden Meinungsverschiedenheiten über die thematische Ausrichtung der Partei“, die mit Personen verbunden sei. „Aber nein, es ist kein Rosenkrieg.“ Es gehe ausschließlich um die Frage, mit welchen konkreten Programmen und Maßnahmen die SPÖ auf die konkreten Sorgen der Menschen in Österreich reagieren wolle. Ziel aller sei ein „neuer sozialdemokratischer Aufbruch“ und die Aussicht, wieder Wahlen zu gewinnen.
"Desaströses Bild in der Öffentlichkeit"
„ln der Öffentlichkeit geben wir als SPÖ ein desaströses Bild ab“, schreibt Doskozil. „Daran haben auch mein Team und ich unseren Anteil“, räumt er ein, „wobei es uns nie darum gegangen ist, auf einer persönlichen Ebene zu agieren“. Sein Fazit: „Es ist hoch an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen und Klarheit zu schaffen.“
"Klarheit durch Urabstimmung"
„lch habe mich daher nach Rücksprache mit meinen Freundinnen und Freunden der SPÖ Burgenland entschlossen, mich mit unserem Programm, unseren Inhalten und einem breiten Team, das ich noch vorstellen werde, für den Parteivorsitz der SPÖ zu bewerben.“ kündigt Doskozil an. Mit einer „Urabstimmung“ sei „die nötige Klarheit gegeben, für eine Wahl auf einem „überhastet organisierten Sonderparteitag“ stehe er nicht zur Verfügung.