Für Christoph Badelt, Chef des Fiskalrates, haben die Energiekrise, die Lieferketten-Probleme und der Krieg in der Ukraine zu einem Wohlstandsverlust in Österreich geführt. Es gehe nun darum, wie dieser Verlust aufgeteilt wird. Wobei die starke Teuerung nicht automatisch die unteren Einkommensbezieher stärker treffe, aber eben anders. Bei den vielen Hilfen im Zuge der Krise sei jedenfalls mehr soziale Treffsicherheit erforderlich, sagte Badelt in der "ORF-Pressestunde": "Die Regierung ist mir ein bisschen zu viel mit der Gießkanne herumgelaufen."

Österreichs oberster Schuldenwächter ortet eine teilweise Überförderung bei Unternehmen – und Preiserhöhungen durch Firmen, die durch die Inflation nicht gerechtfertigt gewesen wären. Hier sei auch die Verwaltung gefordert. Es sei beispielsweise nicht durch die Energiepreise gerechtfertigt, die Parkgebühren zu erhöhen. Grundsätzlich halte er aber viel davon, den Verkehr aus Umweltschutzgründen zu verteuern, insbesondere in den Städten.

Für einen "Fehler" hält er die beschlossene Reduzierung der Körperschaftssteuer (KÖSt), die 2023 von 25 auf 24 Prozent und 2024 dann auf 23 Prozent gesenkt wird. "Wenn man die Unternehmen entlasten will, dann bitte doch bei den Lohnnebenkosten", sagte Badelt, der von einem "unseligen" europäischem Wettbewerb in Sachen KÖSt-Senkung sprach.

Preisdeckel bei Mieten vorstellbar

Dass in Österreich die Inflation höher ist als in anderen EU-Staaten, erkläre sich auch aus der Zusammensetzung des Warenkorbes, aus dem der Verbraucherpreisindex (VPI) errechnet werde. Preisdeckel, wie ihn andere Länder eingeführt haben, würden zwar schnell wirken, es sei aber die Frage, wie "gescheit" das sei. Die Regierung sei jedenfalls nicht primär dazu da, die Inflation zu bekämpfen, sondern deren Auswirkungen – und hier sei viel geschehen.

Einen Preisdeckel bei Mieten lehnt Badelt nicht ab, wichtig sei ein "pragmatischer Kompromiss", der auch die Wohnungs- und Hauseigentümer berücksichtige. Die SPÖ-Idee eines zweiprozentigen Preisdeckels auf die Mieten ist für den bekannten Ökonomen und obersten heimischen Schuldenwächter aber "sachlich nicht gerechtfertigt". Zu einer von der ÖVP vorgeschlagenen Streichung der Grunderwerbssteuer für das erste Eigenheim sagte Badelt: "Ich finde es schön, wenn in einer Gemeinschaft mehr Eigentum da ist."

Überlegenswert wäre eine Änderung der Bindung der Richtwertmieten an den VPI, denn bei der jetzigen Lösung würden die Mieter die hohen Energiepreise gleich zweimal bezahlen. Sinnvoller wäre eine verstärkte Orientierung an den Bau- und Handwerkskosten.

Vorsicht bei Sozialhilfe-Kürzung für Ausländer

Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) will die Sozialhilfe für alle Menschen, die weniger als fünf Jahre in Österreich sind, um die Hälfte kürzen. "Eine Reform des Sozialsystems mit einer Wartefrist bis zum Bezug würde Einwanderung in das Sozialsystem bedeutend reduzieren und gleichzeitig einen schnelleren Einstieg in den Arbeitsmarkt bewirken", ist sich auch seine Parteikollegin Integrationsministerin Susanne Raab sicher.

Der Ökonom Badelt widerspricht: Man müsse "sehr, sehr aufpassen, dass man nicht in eine Stimmung komme, wo sich alles gegen Ausländer richtet". Er sei sich nicht ganz sicher, an welche Sozialleistungen Nehammer gedacht hat. "Wo das allenfalls abzielen könnte, wäre eventuell die Familienbeihilfe, oder der ganze Bereich der Sozialhilfe. Und da bin ich schon sehr, sehr skeptisch." Denn de facto würde das bei der Familienbeihilfe zu einer massiven Armutszunahme von Kindern führen, betonte er.