"Was immer du machst, du wirst kritisiert werden – also kannst du gleich das Richtige machen." Sein Vater, selbst 12 Jahre lang Landeshauptmann von Salzburg, soll Wilfried Haslauer junior diesen Satz eingebläut haben. Seit zehn Jahren ist der Jurist Regierungschef im Salzburger Chiemseehof und will das auch nach dem 23. April bleiben.Glaubt man Parteiumfragen, dürfte die ÖVP Verluste einfahren. Wie hoch das Minus ausfällt, scheint offen. In Kärnten, Niederösterreich und Tirol verloren die Landeshauptleute zuletzt jeweils 9 Prozent oder mehr. 37,8 Prozent erreichte die ÖVP in Salzburg 2018. Rutscht die Partei unter 30 Prozent, dürfte es selbst für den gewieften Parteichef eng werden. Haslauer scheint das gelassen zu nehmen, bestreitet er doch seine letzte Wahl: "Dafür, dass ich die Politik nicht angestrebt habe, lief’s ganz gut bisher", meinte er einmal.
Anwalt aus der zweiten Reihe
Der Politiker-Sohn besuchte das in konservativen Kreisen bevorzugte Akademische Gymnasium und galt unter Mitschülern schon mit 14 Jahren als Intellektueller. Es folgte ein Jus-Studium samt Doktorat. Als sich Haslauer senior, 1984 mit einer absoluten Mehrheit ausgestattet, eine Klage vor dem Verfassungsgericht eintrat, war der Filius Advokat seines Vertrauens.
Obwohl sich Hauslauer mit Wirtschaftsbund und Cartellverband (Coleurname "Lepus" – der Hase) stets im ÖVP-Umfeld bewegte, stieg er spät in die Politik ein. 2004 einigte sich die Partei auf eine Doppelkandidatur von Landeshauptmann Franz Schausberger und Anwalt Haslauer. Die Taktik ging schief: Die SPÖ holte erstmals Platz eins, Gabi Burgstaller flogen die nächsten neun Jahre lang die Herzen der Salzburger zu.
Der stets höfliche, kulturbeflissene, aber spröde wirkende Landeshauptmann-Stellvertreter kam an die Beliebtheitswerte der Strahlefrau nicht heran. Da halfen geschliffene Reden nichts.
Doch es gelang ihm, die Salzburger Volkspartei zu einen. Um sich herum scharte er einen kleinen Zirkel von Vertrauten. Gleichzeitig schuf er sich einen Ruf als Sachpolitiker. Angebote, ein Ministeramt in Wien zu übernehmen, schlug er aus.
Zu dritt zum Landeshauptmann
Im Dezember 2012 platzte der Salzburger Finanzskandal, die SPÖ stand vor einem Trümmerhaufen. Haslauer umschiffte den Skandal, rief den damaligen FPÖ-Chef Karl Schnell an, der ihm Unterstützung zusicherte. Damit war der Weg frei für vorgezogene Neuwahlen.
Die ÖVP fuhr im Mai 2013 zwar das schlechteste Ergebnis seit 1945 ein, gewann die Nummer eins aber zurück. Haslauer verbannte die SPÖ auf die Oppositionsbank und beschritt mit Dreierkoalitionen und auf Harmonie bedachten Stil neue Wege. Fortan regierte die ÖVP nach Belieben, gewann im Sog der türkisen Kurz-Ära 2018 dazu und holte als Juniorpartner neben den Grünen die Neos ins Boot – unter der Bedingung, dass sich Sepp Schellhorn fernhält.
Im Laufe der Zeit entwickelte Haslauer aber auch "fürsterzbischöfliche Züge": Seiner eigenen Parteizentrale ließ er einen offiziellen Brief schreiben, in dem er sich um die Ausrichtung und Vorbereitung des Bundesparteivorstandes bedankte. Jedem anderen hätte dafür wohl ein Telefonat gereicht. Ein Bonmot aus früheren Wahlkämpfen lautet, dass er gleich zweimal anrief – erst freundlich, dann bestimmt – dass ein Trachtenanzug zum Erscheinungsbild eines ÖVP-Politikers in ländlichen Gefilden dazugehöre.
Inhaltlich flexibel
Inhaltlich vollzog Haslauer über die Jahre hinweg mehrere Kehrtwenden – in der Raumordnung wie bei der Windkraft. Erst Corona brachte den Landeshauptmann 2021 gehörig aus dem Tritt. In einem Raum voller Fernsehkameras entglitt ihm ein zynischer Sager in Richtung Virologen.
Mit Ende der Pandemie begann die nächste Krise. Dass Haslauer als Aufsichtsratsvorsitzender des Landesenergieversorgers sowohl Preiserhöhungen als auch Rekordgewinne mitverkündete, nehmen ihm viele im laufenden Wahlkampf übel.
Dabei galt 2021 als sicher, dass der Landeshauptmann Helga Rabl-Stadler als Festspielpräsident nachfolgen würde. In ÖVP-Kreisen mutmaßt man, dass er den Posten noch nicht ganz abgeschrieben habe. Aber zunächst entscheidet der 23. April über seine Zukunft.
Heidi Huber