Es ist ein hartes Urteil, das der frühere Justizminister Clemens Jabloner am Dienstag fällt: Die Qualität der Verwaltung habe abgenommen, "die Ministerien sind in einer Krise" – und die politischen Büros der Minister hätten eine Größe erreicht, "die für die Verwaltung schädlich ist". Die Probleme sind seit Jahren bekannt, jetzt brauche es die Dringlichkeit, sie auch zu lösen, sagt die frühere OGH-Präsidentin Irmgard Griss.

Jabloner und Griss sind nur zwei von 16 Autorinnen und Autoren der "Initiative Bessere Verwaltung". Zu ihnen gesellen sich prominente Namen wie die Juristen Heinz Mayer und Oliver Scheiber oder die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger. Ihre Forderung steckt im Namen: Österreich brauche eine bessere Verwaltung – und das lieber heute als morgen.

Neue Generalsekretäre "Desaster"

Gefordert sehen die Proponentinnen und Proponenten vor allem die Politik. Denn im internationalen Vergleich schneide Österreichs Verwaltung sehr gut ab, sagt auch der Verfassungsjurist Mayer, doch: "Dort, wo die Politik interessiert ist, wird es eng und schwierig." Fälle wie die Steuercausa des steirischen Investors Siegfried Wolf würden zeigen, wie politisch interveniert werde – und wie die unteren Ebenen der Finanzverwaltung gegenhalten müssten, sagt Jabloner. Man müsse nun die Missstände aktiv betrachten und verbessern.

Ein Punkt ist dabei etwa die Entmachtung der Generalsekretäre. Seit sie 2017 mehr Kompetenzen erhielten, seien sie zu einer "Art Bauchrednerpuppe des Ministers" geworden, kritisiert Jabloner. Diese Generalsekretäre "neuen Stils" hätten sich als "Desaster" herausgestellt. Dass sie Macht bündeln, aber rein politisch ausgewählt werden, wird immer wieder kritisiert: Neben dem Rechnungshof haben zuletzt der Europarat und der Verfahrensrichter im U-Ausschuss ihre Macht bemängelt.

Dass gleichzeitig die politischen Büros der Minister personell anwuchsen, hält Jabloner für "schädlich": "Es ist ein Missverhältnis zwischen Verwaltung und Ministerialbetrieb eingetreten." Politisch ausgewählte Kabinettsmitarbeiter würden in die Verwaltung gesetzt – und Expertise immer häufiger extern zugekauft. Eine "Selbstverblödung des Staates" nennt Jabloner das. Gezeigt habe sich das auch in den Krisen: Weder bei der Flüchtlingskrise 2015 noch bei der Coronapandemie sei Österreich vorbereitet gewesen, kritisierte Griss.

50 Forderungen

Dagegen helfen würde aus Sicht der Initiative die Umsetzung eines "50-Punkte-Plans". Die Forderungen sind mit der Neuorganisation der Ministerien, der strategischen Ausrichtung des Staates, Krisenmanagement, Transparenz, Informationstechnologien, Partizipation und Europäisierung in sieben große Themenblöcke geteilt.

Neben objektivierten Auswahlverfahren und verpflichtende Fortbildungen für Staatsbedienstete fordern die Proponenten etwa auch eine personelle Begrenzung der politischen Kabinette der Ministerien und die Umsetzung eines echten Informationsfreiheitsgesetzes inklusive Informationsfreiheitsbeauftragten.

"Leuchtturmprojekte" wie der Klimarat sollen auch auf andere Themenfelder ausgebreitet werden, um die Bevölkerung stärker einzubinden, Partizipationsexpertinnen und -experten zwischen Verwaltung und Gesellschaft vermitteln. Die Regierung solle nicht expertenhörig sein, aber Experten anhören – und sich ernsthaft mit deren Input auseinandersetzen, ihn verstehen und gegebenenfalls auch umsetzen, forderte die Migrationsforscherin Kohlenberger. Auch auf die Digitalisierung dürfe der Staat nicht vergessen, betonten die Digitalisierungsexperten Nikolaus Forgó und Michael Fälbl.