Bundeskanzler Karl Nehammer und Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) zieht es in wärmere Gefilde. Offiziell reisen die beiden heute nach Marokko, um das 240-jährige Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen den Ländern zu feiern. Doch die Delegation hat noch anderes im Sinn. Im Innenministerium hofft man auf produktive Gespräche, was die Migration betrifft.
Denn Marokko ist kein Unbekannter in der heimischen Asylstatistik – im Gegenteil. Im Vorjahr belegte das Land mit 8471 Anträgen den fünften Platz, im Dezember stammten sogar 20 Prozent der Anträge von Personen aus Marokko, das damit auf Platz zwei hinter Indien zu liegen kam.
Knifflige Rückführungen
Die starke Steigerung der Anträge, die im Oktober des Vorjahres begonnen hatte, erklärt man sich im Innenministerium mit der teils schwierigen wirtschaftlichen Lage im Land. Den Weg nach Österreich finden viele über die Türkei. Das Land ermöglicht aktuell eine Visa-freie Einreise, von dort geht es dann meist über Bulgarien in die EU.
Chance auf Asyl haben die Betroffenen praktisch kaum.
Im vergangenen Jahr lag die Quote der negativ entschiedenen Verfahren bei 71,8 Prozent. Doch die Rückführungen nach Marokko sind seit jeher knifflig. Oftmals werden vom Staat keine entsprechenden Rückreisezertifikate ausgestellt. Weder die EU noch Österreich konnte bisher ein Abkommen mit dem Staat schließen, damit sich das langfristig ändert. Da Brüssel kein entsprechendes Verhandlungsmandat hat, dürfte die Regierung selbst verhandeln.
Ein zweites Abkommen im Asylbereich
Nehammer und Karner könnten es auf ein Abkommen abgesehen haben wie jenes, das Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) kürzlich mit Indien geschlossen hatte. Indien hatte sich für die Rücknahme abgelehnter Asylwerber bereit erklärt, im Gegenzug soll es erleichtere Einreise- und Arbeitsmöglichkeiten für qualifiziertes Personal geben. Schallenberg wird am Mittwoch nach Neu-Delhi reisen, um mit dem indischen Außenminister Subrahmanyam Jaishankar das bilaterale Mobilitätsabkommen zu unterzeichnen.
Dass mit Marokko, in dem vor allem im Tourismus auch zahlreiche qualifizierte Fachkräfte tätig sind, ein ähnliches Abkommen erzielt werden soll, will man im Vorfeld der Reise nicht bestätigen. Zu sensibel sei die Gesprächsbasis, man wolle nicht mit der Tür ins Haus fallen, heißt es. Am Ende wird es wohl vor allem darum gehen, was man Marokko bieten könnte oder möchte, um die eigene Bevölkerung wieder zurückzunehmen.