Diverse Seniorenbund-Organisationen im Umfeld der ÖVP haben Corona-Förderungen für Non-Profit-Einrichtungen zu Unrecht bezogen. Einer entsprechenden Einschätzung des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats (UPTS) hatte sich am Donnerstag das zuständige Vizekanzleramt angeschlossen und Subventionen in Höhe von knapp 2,5 Millionen zurückverlangt. Weitgehend beigelegt sind indes die Streitigkeiten bezüglich der Tiroler Jungbauern und zu Unrecht erhaltener Förderungen.
Der UPTS hatte Ende Jänner die Ansicht vertreten, dass der Seniorenbund als Teil der ÖVP zu werten ist. Zur Erklärung: in mehreren Bundesländern und Bezirken existieren Vereine, die den gleichen Namen wie der Bund der Volkspartei haben, sich aber als gemeinnützig sehen.
Der Transparenzsenat erkannte die Trennung zwar rechtlich-formal an, hielt sie aber parteienrechtlich für unerheblich. Als maßgeblich werden in der Entscheidung neben der gleich oder ähnlich lautenden Namensgebung vor allem die personell identen leitenden Organe sowie die übereinstimmenden Prozesse der Willensbildung angesehen.
Auf Grundlage der Begründung der UPTS-Entscheidung hat das zuständige Ministerium von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) laut Aussendung nun entschieden, dass die betroffenen Vereine nicht antragsberechtigt waren und folglich sämtliche Förderungen des NPO-Fonds zurückgefordert werden müssen. Diese Entscheidung erfolgte in Abstimmung mit der Finanzprokuratur. Wobei Kogler am Donnerstag in der "Zeit im Bild" des ORF in Richtung Seniorenbund betonte: "Ich unterstelle keine missbräuchliche Absicht."
Bereits heute wurden entsprechende Rückforderungsschreiben an die betroffenen Seniorenbund-Vereine übermittelt. Die Zahlungsfrist beträgt vier Wochen. Der Seniorenbund kündigte am Abend eine koordinierte Vorgangsweise an. Das rückgeforderte Volumen liegt bei insgesamt 2,46 Mio. Euro, wobei 1,12 Mio. auf die Landesorganisationen Oberösterreich, Tirol, Vorarlberg, Kärnten und Wien sowie 1,34 Mio. Euro auf 298 Bezirks- und Ortsgruppen (Zweigvereine) des oberösterreichischen Seniorenbund-Vereines entfallen. Werden die Förderungen nicht refundiert, kommt es zu einer gerichtlichen Klärung.
Solch einen Fall könnte es in Tirol geben. 119 Vereine der "Tiroler Jungbauernschaft/Landjugend" waren von der AWS aufgefordert worden, Förderungen des NPO-Fonds in der Höhe von insgesamt rund 817.000 Euro zurückzuzahlen. Einer davon hat dies bisher unterlassen, muss also mit einer gerichtlichen Aufarbeitung rechnen, sollte er weiter nicht refundieren.
Ein Verein hatte hingegen bereits davor die gesamte Förderung zurücküberwiesen. Nach Ablauf der Zahlungsfrist am 17. Jänner 2023 sowie der ersten Mahnfrist am 9. Februar 2023 haben mittlerweile 115 Vereine die Förderungen vollständig zurückgezahlt, vier weitere Vereine teilweise. Insgesamt sind rund 753.000 Euro zurückgeflossen.
Tirols Bauernbunddirektor Peter Raggl erklärte gegenüber der APA, man wisse nicht, ob wirklich ein einziger Verein es noch unterlassen habe, zu refundieren. Raggl verwies einmal mehr darauf, dass es sich um eigenständige Vereine handle, die die Förderungen auch selbst beantragt hätten. Man habe aber allen empfohlen, die Summen zurückzuzahlen, betonte der Bauernbunddirektor.
Der von den Geldforderungen der Republik hauptbetroffene oberösterreichische Seniorenbund legte sich am Donnerstag nicht fest, ob man das Geld nun zurückzahlen wird oder sich klagen lässt. Man wolle das erst beraten, so Obmann Josef Pühringer auf APA-Anfrage. Der Alt-Landeshauptmann wollte sich auch nicht dazu äußern, ob der Seniorenbund das Geld binnen vier Wochen aufstellen könne. Pühringer zeigte allerdings wenig Verständnis für die Entscheidung: Es handle sich um 650 Einzelanträge von 260 Vereinen und alle seien bewilligt worden. Wenn der Bezug der Hilfen nicht rechtens gewesen sei, "hätten wir uns nach ein oder zwei Anträgen die Mitteilung erwartet, dass wir nicht berechtigt sind", so Pühringer. "Wir fühlen uns nicht schuldig."
"Überrascht" zeigte sich die Bundes-Obfrau des Seniorenbunds Ingrid Korosec. Denn der vorläufige UPTS-Entscheid, auf den sich der NPO-Fonds beziehe, sei noch nicht rechtskräftig und die Volkspartei erhebe diesbezüglich Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Die Aufforderungen würden geprüft und mit allen Betroffenen innerhalb der Organisation koordiniert und innerhalb der kommenden Tage eine gemeinsame Vorgehensweise festgelegt: "Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass die gemeinnützigen Vereine des Österreichischen Seniorenbundes 2020 auf ausdrückliche Empfehlung des Sozialministeriums beim NPO-Fonds um Unterstützung angesucht haben", so Korosec in einer Aussendung.
SPÖ und NEOS in Oberösterreich sind hingegen zufrieden: Die Argumentation, "wonach der OÖ-Seniorenbund zweifach bestünde", sei lebensfremd gewesen, erwartet SPÖ-Landesgeschäftsführer Florian Koppler nun "eine Entschuldigung von Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Ähnlich NEOS-Landessprecher Felix Eypeltauer: "Die Entscheidung der Republik macht offiziell, was jede und jeder in Oberösterreich weiß: Der Seniorenbund und seine Vereine sind Teil der OÖVP. Der Anstand hätte es deshalb von Anfang an geboten, die Gelder aus dem NPO-Fonds erst gar nicht zu beantragen." Die Causa, die durch eine NEOS-Anfrage im Nationalrat ins Rollen gekommen sei, zeige die Wichtigkeit der Kontrolle durch eine unabhängige Opposition.
Kräftiger fiel die Kritik der Opposition im Bund aus. Das Tarnen und Täuschen der türkisen Truppe sei endgültig gescheitert, meinte SP-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch: "Es ist eine Schande, dass die ÖVP ihr schamloses Verhalten nicht eingestanden und das Geld von sich aus zurückgezahlt hat." NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos nannte letzteres ein "Armutszeugnis". ÖVP-Chef Karl Nehammer hätte ein Machtwort sprechen müssen. Zu tief sei die Korruption in die DNA der ÖVP eingesickert, als dass sie sich hier wieder herausreden könnte, erklärte der freiheitliche Generalsekretär Christian Hafenecker, der eine "schamlose Selbstbedienung" an Steuergeldern ortete.