Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) rudert am Mittwoch mit seinen Überlegungen, Teilzeitarbeitende zu sanktionieren, bereits wieder zurück. Damit dürfte die Debatte, Sozialleistungen für Menschen, die nicht Vollzeit arbeiten (welche genau er damit meint, hat der Minister nie konkretisiert) zu kürzen, vom Tisch sein.

Einen Ansatz, den man durchaus weiterverfolgen könnte, hat dagegen gestern AMS-Chef Johannes Kopf ins Spiel gebracht: Derzeit wird Teilzeitarbeit, besonders in Familien, vom Staat nämlich nicht nur nicht sanktioniert, sondern sogar noch gefördert.

Einen Überblick über diverse Steuererleichterungen, die eine ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern unterstützen, enthält eine 2018 veröffentlichte Übersicht des Wifo.

So sind Menschen, die vergleichsweise schlecht verdienen, im heimischen Steuersystem gegenüber Gutverdienern indirekt benachteiligt. Wer weniger als 11.693 Euro im Jahr verdient, zahlt beispielsweise keine Steuern, profitiert von Negativsteuer als Gutschrift auf Sozialversicherungsbeiträgen usw. Erst darüber wird der Eingangssteuersatz von 20 Prozent fällig.

Das mag sozialpolitisch wünschenswert sein, es führt aber auch dazu, dass beispielsweise teilzeitarbeitenden Müttern mehr netto von ihrem Bruttolohn bleibt – während ein Aufstocken der Stunden dann in der Durchrechnung weit weniger bringt.

Weitere Faktoren, die es unattraktiv machen, als "Zweitverdiener" in einem Haushalt mehr zu arbeiten, sind laut Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller unter anderem:

  • Die kostenlose Mitversicherung bei einem mehr arbeitenden Partner
  • Die Überstundenbegünstigung, die lange Arbeitszeiten eines Arbeitnehmers fördert
  • Die Geringfügigkeitsgrenze, unter der ein Arbeitnehmer brutto für netto arbeiten kann
  • Der Alleinverdienerabsetzbetrag, der Haushalte, in denen ein "Ernährer" neben einem Geringverdiener arbeitet, noch zusätzlich belohnt

Die Folge dieses Systems hat vor Kurzem der liberale Thinktank Agenda Austria visualisiert. In Österreich zahlt es sich im EU-Schnitt viel weniger aus, Stunden aufzustocken als in anderen Staaten:

Auch Eco-Austria-Chefin Monika Köppl-Turyna regt Reformen an, um Vollzeit attraktiver zu machen – etwa Änderungen bei der Arbeitslosenversicherung, beim Steuereingangsgrenzsatz und den Negativsteuern. "Würde man an diesen Schrauben drehen, würde das mehr Leute zur Vollzeitarbeit bringen", so Köppl-Turyna im "Morgenjournal".