Teilzeitarbeit ist das neue Normal – zumindest für Frauen in Österreich. 2021 war erstmals mehr als die Hälfte der unselbstständig beschäftigten Frauen in Österreich teilzeitbeschäftigt, vor 20 Jahren war es nur jede Dritte. Aber auch bei Männern geht der Trend weg von der 40-Stunden-Woche. Jeder zehnte erwerbstätige Mann arbeitet Teilzeit – darunter fällt, wer im Schnitt weniger als 36 Stunden die Woche arbeitet. Das entspricht einer Verdopplung in den vergangenen zwei Jahrzehnten.
Quer über alle Erwerbstätigen hat sich die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit in den letzten zwei Jahrzehnten kontinuierlich reduziert – weil Teilzeit zugenommen hat. Aus demselben Grund ist allerdings die Erwerbsquote gestiegen. Es arbeiten also derzeit mehr Menschen, die ohne die Möglichkeit zur Teilzeit gar nicht arbeiten hätten können.
Ein Trend, der angesichts der demografischen Entwicklungen auch politisch ins Zentrum der Debatte rückt: Weil geburtenstarke Jahrgänge (die "Boomer"-Generation) in Pension gehen und weniger Junge in den Arbeitsmarkt nachrücken, verschärft sich der Arbeitskräftemangel in Österreich noch einmal.
Ein Ansatz, dem beizukommen, wäre, Teilzeitkräfte dazu zu bringen, Stunden aufzustocken. Entsprechende Überlegungen dazu wälzt Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP). Im "Kurier" erklärte er, etwa bei Sozialleistungen für Teilzeitkräfte ansetzen zu wollen: "In Österreich wird bei Sozial- und Familienleistungen wenig unterschieden, ob jemand 20 oder 38 Stunden arbeitet. Wenn Menschen freiwillig weniger arbeiten, dann gibt es weniger Grund, Sozialleistungen zu zahlen."
Ein Vorschlag, der umgehend für Proteste aller anderen Parteien sorgte – selbst beim grünen Koalitionspartner: "Maßgeblich für Sozialleistungen ist der Bedarf an Unterstützung – nicht das Ausmaß der Beschäftigung", so etwa Sozialminister Johannes Rauch (Grüne).
Mutterschaft als größter Treiber
Der größte Treiber, in Teilzeit zu gehen, ist in Österreich nach wie vor die Mutterschaft. In welchem Ausmaß Frauen arbeiten, ändert sich stark mit dem Alter der Kinder: Ist das jüngste Kind unter drei, überwiegt eine Erwerbstätigkeit unter 20 Wochenstunden. Etwa jede zweite Mutter von Kindern im Kindergartenalter arbeitet zwischen zehn und 30 Stunden pro Woche.
Im Volksschulalter steigt der Anteil jeder Frauen, die 20 bis 30 Wochenstunden arbeiten. Erst wenn das jüngste Kind in die Mittelschule kommt, wächst der Anteil jener Mütter, die annähernd Vollzeit arbeiten, auf rund ein Viertel. Vor der Matura arbeiten immer noch nur rund 40 Prozent der Mütter 35 Stunden oder mehr. Der Großteil arbeitet aber auch in diesem Alter nicht mehr als 30 Stunden. Und: Auch fast die Hälfte der Frauen ohne minderjährige Kinder arbeitet entweder gar nicht, oder in Teilzeit.
Das liegt aber nicht nur am mangelhaften Angebot bei Kinderbetreuung: Häufigstes Motiv von Müttern, bei Kindern zu Hause zu bleiben, ist der Wunsch, das Kind selbst zu betreuen – und zwar nicht nur Kleinkinder: Auch von Müttern von Achtjährigen, die nicht arbeiten, wird das als häufigster Grund dafür genannt. Der Wunsch, die Kinder selbst zu betreuen, ist laut einer Auswertung der Mikrozensusdaten des Instituts für Familienforschung auch für acht von zehn arbeitende Mütter der Hauptgrund für ihre Teilzeit.
Ob Frauen mehr arbeiten wollen oder nicht, ist übrigens unabhängig davon, wie viel der Partner arbeitet: Frauen fühlen sich also eher zuständig für familiäre Arbeit und Kinderbetreuung und dafür, die Vereinbarkeit (oft durch Teilzeit) möglich zu machen.