Bei der Familienpolitik leiste sich Österreich zwei Versprechen, erklärte Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl (ÖVP) in der Kleinen Zeitung: Die Republik fördere mit viel Geld – und nun komme das Versprechen dazu, Kinderbetreuung dürfe nichts kosten. "Entweder Geld oder Sachleistung, irgendwann wird die Politik die Antwort geben müssen", sagt Riedl.

Hat der Vertreter von mehr als 2000 Gemeinden, die direkt mit der Schaffung von Betreuungsplätzen befasst sind, recht? Jedenfalls ist Österreich von einem westeuropäischen Niveau bei der Kinderbetreuung noch weit entfernt. Bei Unter-Dreijährigen liegt die Republik unter dem langjährigen Barcelona-Ziel, jedes dritte Kind in Betreuung zu haben.

Österreich findet sich hier unter dem EU-Schnitt, nach Angaben des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo etwa auf dem Niveau von Bulgarien, Ungarn oder Litauen. Das hat Experten zufolge eben auch damit zu tun, dass Familienpolitik über Jahrzehnte vor allem als Förderung mit Geld gestaltet wurde.

Anteil der Familienausgaben stark gestiegen

Doch das ändert sich: "Seit 2000 ist eine deutliche Verschiebung in der Struktur der Familienleistungen zu beobachten", schreibt Wifo-Volkswirtin Margit Schratzenstaller in einem Bericht des Institutes; von 2000 bis 2020 sei der Anteil der direkten Geldleistungen an den Familienleistungen in Österreich von 74 auf 55 Prozent gefallen. Jener der Ausgaben für Kinderbetreuung hat sich von zehn auf 20 Prozent verdoppelt. Noch nicht eingerechnet sind da die jüngsten Pandemie- und Teuerungsausgleichszahlungen, die das Gleichgewicht wohl wieder ein wenig in Richtung Geldleistungen verschieben werden.

In Summe sind die Ausgaben für Familien in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen: 2000 nahm die Republik pro Kind 3541 Euro in die Hand, 2020 waren es 7578 Euro. Auch, wenn man die Inflation einrechnet, ein Wachstum von 47 Prozent. Den Löwenanteil dieses Zuwachses machen die Ausgaben für die Kinderbetreuung aus: Sie stiegen von 1337 Euro/ Kind 2000 auf 4895 Euro 2020.

Anteil der Frauen in Teilzeit stieg auf die Hälfte.

Insgesamt waren das 2020 rund 13 Milliarden Euro. Mit diesen Ausgaben liegt Österreich nur knapp über dem EU-Schnitt bei rund 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – weit hinter dem Spitzenreiter Frankreich, das mehr als 3,5 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Familien ausgibt.

Was das nicht bringt: Einen höheren Anteil an Vollzeitbeschäftigten. Während die Ausgaben der Republik für Kinderbetreuung in den vergangenen 20 Jahren massiv gestiegen sind, stieg auch der Anteil in Teilzeit arbeitender Frauen von rund einem Drittel auf die Hälfte aller Beschäftigten an.

Schratzenstaller warnt aber vor Fehlschlüssen: Der Ausbau von Kindergärten usw. habe dazu geführt, dass viele Frauen, die zuvor gar nicht arbeiten hätten können, nun zumindest in Teilzeit tätig sind.
Damit sich das ändert, müssten sich drei Faktoren ändern, sagt Schratzenstaller: Erstens müsste der Staat weitere Kapazitäten schaffen, etwa bei Öffnungszeiten von Einrichtungen. Zweitens müssten Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einfacher machen, Arbeit und Familie zu vereinbaren. Und zuletzt müsste sich an der allgemeinen Einstellung der Gesellschaft zu arbeitenden Eltern etwas ändern.