Am heutigen Mittwoch hätte der frühere Burgtheater-Schauspieler Florian Teichtmeister vor Gericht stehen sollen. 58.000 Darstellungen von Kindesmissbrauch hatte der 43-Jährige laut eigenen Angaben gesammelt. Aufgrund einer Erkrankung des Angeklagten wurde der Prozess gegen den Schauspieler verschoben.
Wann ein Ersatztermin gefunden werden kann, ist offen. Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) erwartet aber "ein Urteil, das leider nicht in der angebrachten Höhe ist, wenn man bedenkt, dass das Leben Tausender Kinder und Jugendlicher durch diese Darstellung von Kindesmissbrauch zerstört wurde". Denn Teichtmeister drohen maximal zwei Jahre Haft. Dass er geständig ist und in Therapie geht, dürfte das Strafmaß mildern.
Lebenslanges Berufsverbot für Kinderschänder
Nach dem von der Regierung präsentierten Kinderschutzpaket droht für das Sammeln und Teilen von Darstellungen von Kindesmissbrauch künftig deutlich längere Haft – "und das erste Mal werden auch Mindeststrafen eingeführt", betont Plakolm. Außerdem wird das Berufs- und Tätigkeitsverbot verschärft. Bisher gilt: Nur wer zum Tatzeitpunkt bereits mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet hatte, konnte mit einem Berufs- und Tätigkeitsverbot belegt werden.
"Wir sprechen hier schon von 1200 Tätern, die alleine jedes Jahr verurteilt werden", sagt Plakolm: "Wer zum Beispiel Schauspieler war und nicht mit Kindern und Jugendlichen zusammengearbeitet hat, könnte theoretisch nach Absitzen der Strafe als Elementarpädagoge, Sportlehrer, Jugendbetreuer bei einem Feriencamp tätig werden."
Diese "zynische Gesetzeslücke" werde man im ersten Halbjahr "ein für alle Male schließen", sagt die Jugendstaatssekretärin. Künftig würde sexueller Missbrauch an Kindern lebenslang im erweiterten Strafregisterauszug aufscheinen, denn: "Kinderschänder haben nie mehr etwas in der von Nähe von Kindern und Jugendlichen verloren."
Mehr Kinderschutzkonzepte, aber wenig Pflicht
Damit sich Familien dessen auch sicher sein können, hat die Regierung ein "Gütesiegel für Kinderschutz" angekündigt. Voraussetzung dafür sind Kinderschutzkonzepte. Diese liefern etwa einen genauen Fahrplan, was Betreuerinnen und Betreuer tun sollen, wenn sie Anzeichen für Gewalt oder Missbrauch an Kindern merken. "Bisher kostet die Erstellung eines solchen Konzepts mehrere Tausend Euro", sagt Plakolm. In den nächsten Tagen werde man daher Musterkinderschutzkonzepte kostenlos zur Verfügung stellen. Seit Jahresbeginn gibt es außerdem eigene Förderungen, um bei der Erstellung und Überarbeitung der Konzepte zu unterstützen.
Verpflichtend sollen Kinderschutzkonzepte allerdings nur in Schulen werden. Für die Bundesschulen arbeitet Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) die Konzepte aus. Mit den Ländern, die für Kindergärten und Pflichtschulen zuständig sind, steht die Regierung in Gesprächen. Förderungen für Vereine und andere Organisationen will Plakolm aber nicht an Kinderschutzkonzepte koppeln: "Ich halte nichts davon, Menschen, die ehrenamtlich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, unter Generalverdacht zu stellen." Gerade im ländlichen Raum könnte die zusätzliche Bürokratie Kinderbetreuungsangebote gefährden, fürchtet sie.
Immerhin würden mehr als 80 Prozent aller Missbrauchsfälle im engsten Umfeld stattfinden. Und Vereine seien auch ein "sicherer Hafen, wo sich Kinder anvertrauen können", sagt Plakolm. Damit Kinder auch wissen, was falsch ist und an wen sie sich wenden können, rollt die Regierung eine bundesweite Kinderschutzkampagne aus. Damit wolle man nicht nur das Bewusstsein in der Bevölkerung schärfen, sondern auch das Selbstbewusstsein von jungen Menschen stärken, sagt Plakolm, denn: "Das stärkste Mittel der Täter ist die Scham der Missbrauchten". Dagegen helfe vor allem das Wissen der Betroffenen.
Täterarbeit erst im Gefängnis
Grundsätzlich empfiehlt die Jugendstaatssekretärin, sich nach einer Missbrauchserfahrung zuerst einer engen Vertrauensperson anzuvertrauen. Mit dieser Unterstützung sollte man sich dann an die Polizei wenden und das Delikt zur Anzeige bringen. Parallel dazu ist es wichtig, sich professionelle gesundheitliche Hilfe zu suchen. Die Beratungsstelle "Gesund aus der Krise", die ursprünglich gegründet wurde, um jungen Menschen in der Pandemie zu helfen, wird etwa ausgeweitet. Auch Familienberatungsstellen erhalten zusätzliche finanzielle Mittel.
Doch auch wer pädophile Neigungen hat, sollte sich Hilfe suchen, um nicht selbst Täter oder Täterin zu werden. Männerberatungsstellen sind hier die häufigste Anlaufstelle. Durch die hohe mediale Aufmerksamkeit auf den Fall Teichtmeister erleben sie einen nie dagewesenen Ansturm. Die Einrichtungen stehen daher bereits jetzt am Limit – und bekommen durch das Regierungspaket nicht explizit mehr Geld.
Denn die 1,5 Millionen Euro jährlich für Täterinnen- und Täterarbeit sind ausschließlich für den Strafvollzug vorgesehen. So sollen Wiederholungstaten reduziert werden. Da Männerberatungsstellen häufig auch Straftäter im Nachhinein betreuen, könnten sie so zumindest indirekt durch das Kinderschutzpaket profitieren. Die Beratung von Menschen mit pädophilen Neigungen, die (noch) keine Straftat begangen haben, wird aber nicht zusätzlich gefördert.
Maximilian Miller