Würde am Sonntag ein neuer Nationalrat gewählt, wäre die Bierpartei von Dominik Wlazny mit Abstand die stärkste Kraft. Die ÖVP wurde hingegen nur 3,8 Prozent der Stimmen erhalten und den Einzug in den Nationalrat verpassen. Zumindest, wenn nur die User des Subreddits r/Austria wählen dürften. Denn diese "Sonntagsfrage" wurde nur unter den Nutzern des sozialen Netzwerks "Reddit" durchgeführt. Und dort geht es in der Regel eher um Spaß und Diskussion, als um seriöse Meinungsforschung.
Das Ergebnis deckt sich daher auch wenig überraschend nicht mit anderen aktuellen Meinungsumfragen – und wohl auch kaum mit der Realität. Denn obwohl die Meinungsforschung durch mutmaßlich im Sinne der ÖVP manipulierte Umfragen der Meinungsforscherin Sabine Beinschab in Verruf geraten ist, ist sie in Österreich recht akkurat. Und damit meilenweit entfernt von Ergebnissen in den Meinungsblasen der sozialen Netzwerke.
Richtig gemacht richtig gut
Denn seit 2016 hat der Verband der Markt- und Meinungsforschungsinstitute Österreichs (VdMI) in Österreich feste Qualitätsstandards für Umfragen festgelegt. Für eine Sonntagsfrage, wie sie auch auf Reddit durchgeführt wurde, müssen etwa mindestens 800 Personen befragt werden. Diese Hürde hätten die Reddit-Userinnen und -User nach eigenen Angaben noch erreicht: 1118 Personen hätten abgestimmt. Doch: Wer mehrere Profile hat, kann mehrfach abstellen. Daher reicht selbst eine professionell durchgeführte reine Online-Umfrage dem VdMI nicht.
Obwohl sich nicht alle Meinungsforschungsinstitute an die Regeln des Verbandes halten, ist die Genauigkeit der Umfragen durch die Qualitätsstandards seit 2017 gestiegen. Die Stichproben wurden größer, die Daten transparenter beschrieben. Herausforderungen bleiben vor allem bei kleineren Wahlen oder Umfragen, da die Zahl der möglichen Befragten sinkt.
Schwankende Breite
So war es bei der Bundespräsidentschaftswahl etwa nicht möglich, Motive für die Wahl von Michael Brunner oder Heinrich Staudinger abzufragen, weil die beiden Kandidaten schlicht zu wenig Wählerinnen und Wähler hatten. Dominik Wlazny wurde Nachwahlbefragungen zufolge übrigens von jedem fünften Wähler unter 30 gewählt – die Schwankungsbreite liegt aber bei 8 Prozentpunkten, es könnte also auch nur jeder Achte gewesen sein. Auch bei Umfragen in Bundesländern wird hingegen die Schwankungsbreite mitunter groß, Treffer gibt es dennoch:
Allgemein gilt daher: Bei einer Umfrage sollte neben der Zahl der Befragten auch auf die Befragungsart und die Schwankungsbreite geachtet werden – und das Ergebnis in Relation zu anderen Umfragen und Wahlergebnissen gestellt werden. Denn Dominik Wlaznys Bierpartei wird so schnell kein Drittel der Stimmen einheimsen.
Maximilian Miller