Sie sind die großen Gewinner der niederösterreichischen Landtagswahl am Sonntag: Mit einem Plus von fast zehn Prozentpunkten konnten die Freiheitlichen, bisher in Niederösterreich weit unter ihrem Bundesschnitt, ihren größten Zugewinn seit dem Ibiza-Skandal verbuchen.

Während Oppositionsparteien wie Grüne und Neos nur geringfügig zulegen konnten und die anderen Regierungsparteien ÖVP und SPÖ vom Wähler abgestraft wurden, kommt die FPÖ unter Udo Landbauer nun auf drei Sitze in der Landesregierung – und als zweitstärkste Kraft im Land steht ihr einer der beiden Vertretersitze von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zu.

Bei Russland-Sanktionen und Coronamaßnahmen eindeutig

Dass es so weit gekommen ist, sehen Expertinnen und Experten darin begründet, dass die Freiheitlichen es in den vergangenen Monaten am besten verstanden haben, aus dem Frust in der Bevölkerung heraus für sich zu mobilisieren: "Die Struktur der Unzufriedenheit begünstigt die FPÖ", sagt der Wiener Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik: "Eine pessimistische Weltsicht und die Erwartung, dass das eigene Leben schwieriger wird, korreliert häufig mit einer negativen Einstellung zu Zuwanderung. Das ist für die FPÖ leichter zu bedienen als für andere."

Das nicht zuletzt deshalb, weil die Position der FPÖ beim Zuwanderungs- und anderen umstrittenen Themen klarer sei als jene anderer Parteien: "Auch die Kritik an der österreichischen Russlandpolitik oder den Coronamaßnahmen ist weitverbreitet. Bei all diesen Themen vertritt die FPÖ konkurrenzlos eine klare Position, während sich die anderen Parteien entweder gegenteilig oder verwaschen positionieren", sagt Ennser-Jedenastik: Die FPÖ habe ein Monopol auf Positionen, "die zwar von keiner Mehrheit, aber doch von einer großen Minderheit vertreten werden".

Dass der FPÖ-Erfolg nicht zuletzt auch von ihrer klaren Anti-Establishment-Haltung in der Coronakrise abhängt, findet auch Politikwissenschaftlerin Katrin Praprotnik: Die Pandemie und deren Bewältigung in Österreich habe eine Art "Schlussstrich" gezogen gegenüber allem, was davor passiert sei, sagt Praprotnik im ORF. Weil sich die FPÖ als einzige Partei gegen die Impfpflicht positioniert habe, habe sie damit für viele Menschen bei einem sehr emotionalen Thema eine Alternative dargestellt. Die Freiheitlichen seien die Einzigen, die häufig eine politische "Alleinstellungsposition" entwickeln würden.

"Ein Fehler der ÖVP, Asyl hochzuspielen"

Eine solche hat die Partei unter Ex-Innenminister Herbert Kickl nun auch wieder beim Thema Asyl bzw. dessen Ablehnung: "Es war ein taktischer Fehler der ÖVP, dieses Thema im Bund wieder hochzuspielen, obwohl man keine schnelle Lösung bieten kann", sagt PR-Beraterin und VP-Kennerin Heidi Glück: Die Freiheitlichen hätten sich das Thema "zurückgeholt" und seien nun wieder der Schmied, zu dem man lieber gehe als zum Schmiedl, so Glück im Mittagsjournal.

Längerfristig blieben den anderen Parteien zwei Möglichkeiten, mit der FPÖ und ihren Alleinstellungspositionen umzugehen, sagt Ennser-Jedenastik: "Entweder die Themen einzuhegen und zu schauen, dass gewisse Positionen nicht mehr akzeptabel sind. Oder zu versuchen, zumindest teilweise auf den Zug aufzuspringen." Letzteres habe – siehe Asyl – allerdings für die ÖVP in Niederösterreich zuletzt nicht gut funktioniert.