Die "rote Hanni" wird er wohl nicht mehr los: Seit sich Franz Schnabl von seinem eigenen via Social Media und SPÖ-Homepage lancierten Sujet distanzierte – es sei "Satire" gewesen, er sei „sicher kein roter Hanni“ – ist der niederösterreichische Landtagswahlkampf um eine skurrile Anekdote reicher.
Das letzte Rennen des "roten Hanni"
Dabei will Schnabl, derzeit einer von zwei Landeshauptfrau-Stellvertretern, letztlich genau das werden: Er wolle für das Land und die Bewohner "die Hauptverantwortung übernehmen", er habe "keine Angst" vor einem "guten Miteinander in diesem Land" und stelle daher den Anspruch, Landeshauptmann zu werden.
Besonders wahrscheinlich ist das aus heutiger Sicht nicht: Schnabls SPÖ – nominell die mitgliederstärkste rote Landesorganisation – stagniert in den Umfragen. Im Raum steht sogar, dass sie den zweiten Platz – und damit den Anspruch auf den LH-Stellvertretersessel an die FPÖ verliert.
Mit der wiederum müsste Schnabl kooperieren, wenn er tatsächlich irgendeine Chance auf den Landeshauptmann haben wollte – was in Wien und der Bundes-SPÖ, wo die Freiheitlichen weiter als Gottseibeiuns gelten, auf mäßige Begeisterung stoßen würde. Das wiederum dürfte Schnabl nicht so sehr beeindrucken, hat er doch auch Hans Peter Doskozil, den innerparteilichen Konkurrenten Pamela Rendi-Wagners, zum Wahlkampf eingeladen.
So oder so dürfte es für den 64-jährigen Schnabl, einst Polizist und später Personalvorstand bei Frank Stronachs Magna, der letzte Wahlkampf sein.
Udo Landbauer, der designierte Gewinner
Der zweite Kandidat, der ebenfalls angibt, selbst Landeshauptmann werden zu wollen, aber weit realistischer Chancen hat, nur Landeshauptfrau-Stellvertreter zu werden, ist der freiheitliche Landesparteichef Udo Landbauer.
Weil die Landesverfassung vorgibt, dass die beiden Stellvertreter aus der stärksten und zweitstärksten Fraktion im Landtag zu kommen haben, matchen sich um diese Position SPÖ und FPÖ (ein Stellvertreter wird wohl weiterhin aus der ÖVP kommen). Auch für Landbauer gilt: Will er seine Ankündigung wahr machen, LH zu werden, bräuchte er dafür die Stimmen der SPÖ – die ÖVP wird den Landeshauptfrau-Sessel um nichts in der Welt hergeben wollen. Realistisch ist dieses Szenario aber kaum; auch in der Landes-SPÖ hätten viele Bauchweh, einen Freiheitlichen auch nur als "Halbzeitlösung" zum Chef des größten Bundeslandes zu machen.
Sehr wahrscheinlich ist dagegen, dass der 36-Jährige am Wahlabend in einer Woche als größter Gewinner da steht. 2018 konnte nicht nur die Kurz-gestärkte ÖVP auf blaue "Leihstimmen" zählen, Landbauer selbst ging durch die "Liederbuchaffäre" auch deutlich geschwächt ins Rennen – kurz vor der Wahl war ein Liederbuch seiner Burschenschaft "Germania" in Wiener Neustadt mit antisemitischen Texten aufgetaucht. Landbauer distanzierte sich zwar, die FPÖ blieb mit 14,8 Prozent aber unter den Erwartungen.
Das dürfte nun anders ausgehen: Obwohl die FPÖ in der Landesregierung für Asyl zuständig ist, sieht sie "Asylchaos" – und liegt im Umfragehoch.
Die Personalreserve der ÖVP
Wann immer in der ÖVP im Bund ein Spitzenjob offen wird – und das war zuletzt ja häufiger der Fall –, fällt der Name Stephan Pernkopf als potenzieller Nachfolger. Finanzminister gesucht? Ein Landwirtschaftsminister? Der 50-Jährige, der unter Josef Pröll in beiden Häusern gearbeitet hatte, stand für beides schon zur Diskussion.
Dass er es (bisher) nicht geworden ist, mag einerseits daran liegen, dass die niederösterreichische Volkspartei mit Kanzler Karl Nehammer, Innenminister Gerhard Karner und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner – wie Pernkopf Bauernbündlerin – in Wien ohnehin schon recht präsent ist.
Zum anderen gilt der Landeshauptfrau-Stellvertreter, Agrar- und Umweltlandesrat als Personalreserve für die Landesspitze. Zum Beispiel für den Fall, dass die ÖVP kommenden Sonntag so weit abstürzt, dass Mikl-Leitner abtritt (ein Ergebnis unter 40 Prozent gälte in der Partei als schmerzhaft), die Volkspartei aber trotzdem den Landeshauptmann-Sessel behält.
Pernkopf sitzt mittlerweile seit 14 Jahren in der Landesregierung – er galt schon unter Mikl-Leitners Vorgänger Erwin Pröll als potenzieller Nachfolger –, ist aber auch im Bund exzellent vernetzt. Nicht zuletzt als Präsident des Ökosozialen Forums, das seit Langem als Vordenker-Organisation klimafreundlicher und nachhaltiger Politik in der bürgerlichen Reichshälfte gilt und dort den Boden für die aktuelle Koalition im Bund mit aufbereitet hat.
Die Zeichen stehen aktuell darauf, dass Pernkopf Nummer zwei bleibt – anderes auch nur laut zu denken, wäre in der ÖVP aktuell undenkbar.
Georg Renner