Der wiedergewählte Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, wünscht sich nach dem Vorbild des Holocaust-Museums in Jerusalem (Yad Vashem) oder in Los Angeles die Errichtung eines Shoa-Zentrums in Wien. "Es sollte nicht nur ein Museum sein, sondern auch ein Ort der Begegnung. Viele Überlebende leben nicht mehr. Das würde uns allen gut zustehen, so etwas hier zu haben", so Deutsch im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Im Herbst 2021 war bereits eine Namensmauer im Ostarrichipark eingeweiht worden, wo der Ermordung von rund 65.000 österreichischen Jüdinnen und Juden gedacht worden. Ein kleines, aber sehr feines jüdisches Museum lockt bereits heute Besucher aus aller Welt an.

Deutsch erinnert an die diversen Herausforderungen der Kultusgemeinde. So setze die Inflation vielen Gemeindemitgliedern sehr zu, deshalb habe man ein Schulstartpaket initiiert. "Wir haben den Mindestpensionisten zu Chanukka 100 Euro Supermarkt-Gutscheine gegeben, um sich das Leben etwas zu erleichtern. Immer finanziert aus Spenden. Wir setzen auf Solidarität. Wir haben uns vorgenommen, in Zukunft noch mehr für die Armutsbekämpfung zu tun, als wir es jetzt schon tun." 

1200 jüdische Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen

Im abgelaufenen Jahre habe die Kultusgemeinde 1200 jüdische Flüchtlinge aus der Ukraine betreut, zu diesem Zweck habe man 170 Wohnungen angemietet. "Zu Beginn haben wir dreimal am Tag mit koscheren Essen versorgt, jetzt machen wir es am Shabbat und an den hohen Feiertagen." 200 Ukrainerinnen und Ukrainer seien bereits Mitglieder der Kultusgemeinde geworden. "Das ist ein Indikator, dass ein Teil hier bleiben will. Das ist auch eine Bestätigung für die Kultusgemeinde. Als Präsident freue ich mich über jedes neue Mitglied sehr."


Der Antisemitismus sei "ein Krebsgeschwür, der Kampf dagegen ist ein Marathonlauf, der nie zu Ende geht". Nicht nur die Politik, die gesamte Gesellschaft sei gefordert. "Ich erwarte mir, dass, wenn jemand in der Straßenbahn antisemitisch auffällt, die Leute, die Zivilcourage besitzen, aufstehen und sagen: so nicht. Bis das viele tun, ist noch ein langer Weg. Alle müssen begreifen: Antisemitismus ist ein No-Go."

Deutsch ist nicht nur für den Großraum, sondern auch für die Steiermark und Kärnten mitverantwortlich. Der Chef der Grazer Kultusgemeinde Elie Rosen ist jüngst zum Chef der Salzburger Gemeinde geworden, er bleibt Chef der Grazer wie auch der Laibacher Gemeinde. Den Vorsitz in Baden gibt er ab.