Wer in den letzten Tagen Zeit in Niederösterreich verbringen durfte, weiß: Die Landtagswahl naht. Am 29. Jänner sind die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher aufgerufen, ihre Stimmen abzugeben. Freundlicherweise werden sie daran auf zahllosen Wahlplakaten in Österreichs größtem Bundesland und – "wie bei jeder Landtagswahl" – so manchen Bezirken Wiens erinnert.
Dabei wirft der Urnengang im für die ÖVP wohl wichtigsten Bundesland schon seit Monaten seinen Schatten voraus: Als Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im Sommer noch vor dem Bund eine landeseigene Energiepreisbremse verkündete, vermuteten viele im gelb-blauen Paket ein verfrühtes Wahlkampf-Zuckerl. Dass Vorgänge in und aus Niederösterreich verstärkt Gegenstand im U-Ausschuss wurden, sah hingegen die ÖVP dem Wahlkampf geschuldet.
Aus dem Wasserschaden im Bund ...
Überhaupt verortet die Volkspartei schon seit Wochen – wenn nicht Monaten – einen unfairen Kampf gegen die eigene Truppe: Den anderen Parteien seien "alle Mittel recht: anonyme Anzeigen, Anschuldigungen, U-Ausschuss-Ladungen, Angriffe auf den Landesrechnungshof oder den ORF NÖ", kritisierte ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner. Man selbst wolle lieber zeigen, worum es im Land gehe, erklärte der Niederösterreicher am Samstag bei der Präsentation von Plakaten wie "Blau-Gelb. Was sonst?", "Unsere Landeshauptfrau." oder "Jetzt Niederösterreich".
Dass der von Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach dem Geständnis von Thomas Schmid verortete "Wasserschaden" am Gemäuer der Republik noch nicht behoben sei, kann man auch im Bund nicht nachvollziehen: Der türkise Fraktionsführer im U-Ausschuss, Andreas Hanger, zeigte sich gegenüber dem "profil" sogar "verwundert", dass das Staatsoberhaupt die Regierung zu Neujahr erneut rügte, anstatt Türkis und Grün für die Beseitigung einiger Lecks wie der künftigen Veröffentlichung von Umfragen zu loben.
... in die Schlammschlacht im Land
Auch in Niederösterreich blickt die Volkspartei betont nach vorne und auf die Schönheit ihres Bundeslandes. Dass sie dabei aber – wie von Mikl-Leitner angekündigt – den "schönsten, persönlichsten und fairsten Wahlkampf" führt, wird von den Herausforderern bezweifelt. Denn in den Niederungen Niederösterreichs geht es nicht nur um die Frage, ob wirklich alle Wirtschaftskammer-Regionalstellen von bezahlten Organisationsreferenten des ÖVP-Wirtschaftsbundes geführt werden müssen, sondern auch um knallharte Sichtbarkeit.
Rund um ein SPÖ-Plakat in St. Pölten habe die Volkspartei "eine Vielzahl an Wahlfahnen drapiert, um dieses zu verdecken", klagte die SPÖ am Samstag in einer Aussendung. Der rote Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar ortete darin den Beginn eines "schmutzigen Wahlkampfs" der Volkspartei. Deren Rufe nach Fairness seien daher "nichts weiter als eine Floskel".
Die ÖVP wies die Vorwürfe zurück und meinte wiederum, die SPÖ würde mit ihrem 48-Bogen-Plakat Werbemittel von Mitbewerbern verdecken. "Die Frage, wer vor wem steht, kann man nicht beantworten – denn eigentlich war ein Landschaftselement der Volkspartei NÖ als allererstes da. Dieses eigenhändig gebaute Element wurde durch das Großflächenplakat erst verdeckt", teilte VPNÖ-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner mit. An dieser Stelle an der Abfahrt der Kremser Schnellstraße (S33) zum Regierungsviertel würden alle Parteien Plakate aufstellen.
Die SPÖ will den Fall nun beim Zentrum für Digitale Medienkompetenz, das von der Volkspartei nach gescheiterten Verhandlungen über ein Fairnessabkommen mit der Beobachtung des Wahlkampfes beauftragt wurde, melden. Unter meldung@zentrumsocialmedia.com oder www.zentrumsocialmedia.com/meldung/ können laut einer ÖVP-Aussendung "Fake News, Dirty Campaigning und Untergriffe jeglicher Art von allen politischen Parteien" deponiert werden.
Die FPÖ ließ sich davon nicht beeindrucken: Ihr offizieller Wahlkampfstart am Samstag stand ganz im Zeichen der lauten Kritik an Mikl-Leitner und der ÖVP. Die "korrupte DNA der ÖVP Niederösterreich" hätten aber auch Bundeskanzler Karl Nehammer, Innenminister Gerhard Karner und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka gemeinsam. Es sei der "Auftrag" der FPÖ, das System Mikl-Leitner zu brechen: "Mikl-Leitner muss weg". Denn falle die letzte schwarze Bastion, sei der Weg auf Bundesebene frei für eine Neuwahl, unterstrich der niederösterreichische FPÖ-Chef Udo Landbauer.