Heute Nachmittag beginnen in Wien die Verhandlungen um den Finanzausgleich – und so langweilig das klingt, das Ergebnis dieser und folgender Runden wird weit mehr darüber bestimmen, wie Österreich in den nächsten zehn bis 20 Jahren ausschauen wird als so manches mit größerem Tamtam verkauftes Projekt.

Grob gesprochen, bestimmt der Finanzausgleich, wie sehr viel Geld auf Bund, Länder und Gemeinden aufgeteilt wird. Aktuell geht es rund um 90 Milliarden Euro, die der Bund über das Finanzamt zentral einhebt und die dann nach komplexen Systemen auf die drei Ebenen bzw. unter Ländern und Gemeinden aufgeteilt werden. Eine Rolle spielen da vor allem Einwohnerzahlen, aber auch Kriterien wie Ausbau öffentlichen Verkehrs oder Zuschüsse für Spitäler, Kindergärten usw.

53 - 30 - 17

Unterm Strich bleiben dem Bund von den 93 zu verteilenden Milliarden Euro 53 Prozent, den Ländern 30 und den Gemeinden 17 Prozent. Eigentlich sollte das bestehende System bereits 2020 ausgelaufen sein und längst erneuert sein – angesichts der Pandemie hatte man aber andere Probleme und verlängerte es um zwei Jahre.

Und die Voraussetzungen, dass sich diesmal einiges ändert, stehen gut: Die türkis-grüne Koalition im Bund etwa hat sich im gemeinsamen Programm vorgenommen, einen neuen Finanzausgleich anhand „strategischer Ziele“ zu erarbeiten – unter anderem sollen Mittel an die Einhaltung der Klimaziele gekoppelt werden.

Die Chance auf eine Einigung

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), der für den Bund verhandelt, hat zwar Vorstellungen, wie manches im neuen Finanzausgleich ausschauen könnte, will vor den Verhandlungen aber keine Details nennen. Nur so viel: „Wenn man mehr Mittel will, ist das auch mit mehr Verantwortung verbunden.“

Umgekehrt wünschen sich Länder und Gemeinden unter anderem eine Neuordnung der Gesundheitsfinanzierung. Seit zwei Jahrzehnten versuche man, eine faire Aufteilung der Kosten zu erreichen, sagt etwa der Salzburger Gesundheitslandesrat Christian Stöckl (ÖVP) – jetzt müsse das endlich gelöst haben will: „Es wird keine Zustimmung der Länder zum Finanzausgleich geben, wenn es zu keiner Neuordnung kommt“, sagte er laut „Kurier“.

Experten empfehlen Reformen

Andere Ansätze sehen Expertinnen und Experten: Das Zentrum für Verwaltungsforschung KDZ empfiehlt etwa die Einrichtung eines Klimainvestitionsfonds für Länder und Gemeinden, die Absicherung der Finanzierung von den Gesundheits-, Pflege- und anderen Dienstleistungen durch eine dynamische Orientierung des Verteilungsschlüssels an den Aufgaben.

Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller rät ebenfalls zu einer stärkeren Ökologisierung des Finanzausgleichs – etwa durch eine ökologische Komponente bei der Grundsteuer.

Raum genug also für Verhandlungen. Länder und Gemeinden werden darin vertreten u. a. von Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), Oberösterreichs und Burgenlands, Thomas Stelzer (ÖVP) bzw. Hans Peter Doskozil (SPÖ), Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) und dem St. Pöltener Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ).