Auf 130 Seiten reagiert das Umweltministerium auf die im Sommer gegebenen Empfehlungen des Klimarats. Punkt für Punkt wird in dem Papier erläutert, ob und wie der jeweilige Wunsch umsetzbar wäre und in wessen Zuständigkeit das fiele. Um eine politische Einordnung der Forderungen - vom Grundrecht auf Klimaschutz bis zum Bodenversiegelungsstopp - handle es sich nicht, wurde auf APA-Anfrage im Ministerium betont.
Die Antworten des Ressorts von Ministerin Leonore Gewessler (Grüne), in denen die Einschätzungen der jeweils zuständigen Ministerien enthalten sind, wurden am Montag an die Klimaräte übergeben. Sie sind unter abrufbar. Betont wird, dass dies nur als erster Schritt zu sehen sei. Eine weitere Bearbeitung erfolge im Rahmen der bereits laufenden Vorbereitung eines aktualisierten Nationalen Energie- und Klimaplans.
Zwischen Erfolgtem und Unmöglichem
Eine der Hauptforderungen des Klimarats war die Einführung eines Grundrechts auf Klimaschutz. Hierzu äußert sich das Umweltministerium eher pessimistisch. Laut einem Rechtsgutachten und laut Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt wäre dies zwar möglich, es fehle aber die notwendige Zweidrittelmehrheit im Parlament dafür. Auch die Neuordnung der Raumordnungskompetenzen weg von den Gemeinden dürfte wohl an dieser Hürde scheitern.
Verwiesen wird aber auch auf bereits erreichtes, etwa die CO2-Bepreisung, die Forcierung des öffentlichen Verkehrs oder die Sanierungsoffensive im Wohnbereich im Rahmen der Umweltförderung. Beim lange ausstehenden Klimaschutzgesetz, bei dem vor allem die ÖVP bremst, bleibt Gewesslers Ressort vage. "Die Details des Gesetzes sind derzeit noch in politischer Verhandlung", heißt es trocken. Immerhin wird aber angekündigt, dass dabei die vom Klimarat ebenfalls gewünschte parteiunabhängige Klimakommission Realität werden könnte, und zwar über den dort angestrebten wissenschaftlichen Beirat.
Den Wunsch nach Reparierbarkeit von Produkten sieht das Ministerium in der auf EU-Ebene verhandelten Ökodesign-Richtlinie auf gutem Weg. Das Verbot der Vernichtung von Neuwaren will Gewessler ebenfalls realisieren, wie sie kürzlich angekündigt hat, ebenso eine Anlaufstelle für Kreislaufwirtschaft. Ein Werbeverbot für klimaschädliche Produkte sei hingegen nicht in Planung und müsse auf Vereinbarkeit mit dem Wettbewerbsrecht geprüft werden. Und auch eine weitere Absage setzt es. "Ein rechtliches Verbot von neuen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor bereits im Jahr 2027 ist aus heutiger Sicht europarechtlich nicht möglich", wird dem Klimarat beschieden.
Politisches Handeln fehlt
Die im Klimarat vertretenen Wissenschafter reagierten auf die Antworten verhalten positiv. "Mit dem 130 Seiten-Dokument liegt zwar eine inhaltlich ausführliche Stellungnahme vor, eine politische Ansage ist es leider noch nicht", erklärte Georg Kaser, Co-Leiter des wissenschaftlichen Beirats des Klimarats, in einer Aussendung. Es gehe nun um schnelles Handeln.
Ähnlich sieht man das bei Global 2000. Klima- und Energiesprecher Johannes Wahlmüller forderte die Bundesregierung auf, die gesetzliche Umsetzung der Klimarat-Empfehlungen zu planen. "Es braucht ein Erneuerbaren-Wärmegesetz für den Ausstieg aus Gasheizungen und ein Klimaschutzgesetz, das den gesetzlich verbindlichen Ausstieg aus fossilen Energieträgern regelt", betonte er. Österreich sei beim Klimaschutz weiter säumig und habe seit 1990 die Treibhausgasemissionen nicht wesentlich reduziert, während EU-weit eine Treibhausgasreduktion um mehr als 28 Prozent erreicht worden sei.
Im Klimarat hatten 100 zufällig ausgewählte Menschen im ersten Halbjahr 2022 an sechs Wochenenden in zehn Arbeitsgruppen eine Vielzahl an möglichen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität im Jahr 2040 erarbeitet. 15 Wissenschafter und ein Moderationsteam begleiteten den Prozess. Die Ergebnisse waren im Juli der Bundesregierung übergeben worden.