Wenn Staatsanwältinnen und Staatsanwälte die Kommunikation eines Verdächtigen überwachen wollen – mit wem telefoniert er, wem schreibt er Nachrichten, worüber unterhält er sich –, brauchen sie dazu einen dringenden Tatverdacht auf eine mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedrohte Straftat – und ein richterliches Okay.

Will ein Staatsanwalt dagegen ein Handy beschlagnahmen, das im Wesentlichen genau diese Informationen enthält – und noch viele mehr darüber hinaus – hat er dazu kaum Voraussetzungen: Die Sicherstellung und Auswertung kann er einfach so anordnen.

"Die Regeln für die Sicherstellung stammen aus der digitalen Steinzeit", sagt Armenak Utudjian. Der Präsident des Rechtsanwaltskammertages macht sich für eine Reform der Bestimmungen für die Sicherstellung und Auswertung von Datenträgern stark: "2004, als diese Bestimmungen geschrieben worden sind, war das iPhone noch nicht erfunden", sagt Utudjian bei einer Pressekonferenz am Montag: An Geräte, die Einblick in das ganze Leben geben können, habe der Gesetzgeber damals schlicht nicht gedacht. Die Regelung sei eher für "klassische" Beweismittel wie Tatwaffen gedacht gewesen.

Ganzes Leben am Mobiltelefon

"Das betrifft ja nicht nur Chatverläufe auf den Datenträgern, sondern auch Fotos, Theaterkarten, Bewegungsprofile, Diätrezepte usw.", sagt Ingeborg Zerbes. Die Wiener Professorin für Strafrecht hat in einem Gutachten die Rechtslage analysiert und Reformvorschläge erarbeitet.
Zentralster Punkt darunter: Für die Sicherstellung von Smartphones, Laptops, Festplatten usw. sollen künftig die gleichen Voraussetzungen wie für die Nachrichtenüberwachung gelten: Dringender Tatverdacht auf mit mehr als einem Jahr Haft bedrohte Straftat und richterliche Genehmigung.

Außerdem regen die Rechtsanwälte an, die Verwertung von "Zufallsfunden" bei der Auswertung von Datenträgern an dieselben Kriterien zu knüpfen – und die Einsichtsrechte weiterer Beschuldigter in Akten auf für sie relevante Tatsachen einzuschränken.

Der Elefant im Raum: Auch wenn Utudjian beteuert, die Vorschläge hätten nichts mit den aktuellen prominenten Fällen in FPÖ- und ÖVP-Umfeld zu tun, lassen sich Reformbestrebungen bei der Handyauswertung usw. kaum ohne die Sicherstellung der Daten etwa von Thomas Schmid bewerten. Dem hält Zerbes entgegen: "Die aktuellen Fälle wären durch diese Reform wohl nicht betroffen" – in allen öffentlich bekannten Fällen ginge es um potenzielle Strafen von mehr als einem Jahr.

Im grün geführten Justizministerium zeigt man sich zurückhaltend: "Bisher wurde nicht an das Ministerium mit Vorschlägen herangetreten, die konkreten Vorschläge und Details sind daher nicht bekannt. Unabhängig davon werden Beschuldigtenrechte derzeit innerhalb der Koalition im Zusammenhang mit der geplanten Einführung der Generalstaatsanwaltschaft besprochen."