Selten freuen sich Angeklagte, erneut vor Gericht zu stehen. Für Österreichs früheren Vizekanzler Heinz-Christian Strache ist der heutige Prozessauftakt aber ein Erfolg – wenn auch ein teurer. Der frühere FPÖ-Chef war im August 2021 wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt worden.

Doch da das Ersturteil in einigen Teilen widersprüchlich sei und entlastende Chatnachrichten aus Sicht des Wiener Oberlandesgerichts nicht ausreichend gewürdigt wurden, wurde das Urteil aufgehoben, das Verfahren wird wiederholt. Es wird das letzte Verfahren sein, in dem Strache von seinem bisherigen Anwalt verteidigt wird, denn der Ex-Vizekanzler Österreichs kann sich seinen Verteidiger nicht mehr leisten.

Vermuteter Gesetzeskauf

Konkret geht es um die sogenannte Prikraf-Affäre. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vermutet Gesetzeskauf: Der ebenfalls angeklagte Eigentümer der Privatklinik Währing, Walter Grubmüller, hat der Bundes-FPÖ 12.000 Euro gespendet – damit seine Klinik auf Betreiben Straches in den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) aufgenommen wird, vermutet die Staatsanwaltschaft. Im Raum steht folglich Gesetzeskauf, die Vorwürfe lauten Bestechung und Bestechlichkeit.

Sowohl Strache als auch Grubmüller hatten sich bereits im ersten Verfahren als nicht schuldig bekannt, waren aber dennoch zu 15 und 12 Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Dieses Urteil wurde aufgehoben, ab heute wird der Prozess wiederholt. Die Verhandlung ist für zwei Tage ausgeschrieben, bereits am 24. November sollen Urteile fallen.

Wiederholungen in der Wiederholung

Am heutigen Montag gab es von den Angeklagten und den Zeugen wenig Neues zu hören. Grubmüller, eigentlich ein SPÖ-Urgestein, habe die FPÖ unterstützt, da er von den anderen Parteien enttäuscht gewesen sei, erklärte er. Auch diverse Spendenforderungen etwa der ÖVP - unter anderem angeblich an das Alois-Mock-Institut - seien weit höher gewesen als die Zuwendung an die FPÖ.

In den laut OLG zu wenig beachteten Chats, aus denen die Richterin vorlas, ging es vorwiegend um Grubmüllers allgemeines Engagement im FPÖ-Wahlkampf ("Meine Partei ist die FPÖ"). Von dessen Spende habe er nichts gewusst, betonte der ehemalige FPÖ-Obmann Strache ein weiteres Mal vor Gericht. Er habe sich nie mit Spendenlisten auseinandergesetzt. Dass die Privatklinik Währing nicht in den Prikraf aufgenommen war, sei ein "exemplarisches Beispiel für Unrecht, Missstand und Freunderlwirtschaft" gewesen.

Als erster von zwei Zeugen sagte am Montag Hübner aus, der für seine Fraktion eine juristische Expertise zum Prikraf abgegeben hatte. Er bestätigte seine fachliche Einschätzung bzw. dass ein Initiativantrag einer Oppositionspartei praktisch chancenlos ist. Warum man dann eigentlich in der Opposition überhaupt Anträge stellt, fragte die Richterin. "Weil man ein Zeichen setzt", erklärte Hübner.

Als zweite Zeugin war am Montag die damalige blaue Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch geladen. Sie hatte bei der ersten Verhandlung eine Pressekonferenz mit Strache und Grubmüller als "eine der ungewöhnlichsten" bezeichnet. Warum dies so gewesen sei? "Weil nicht alle gesprochen haben", so die Abgeordnete. Zudem betreffe das Thema eigentlich nicht wirklich ihren Fachbereich Gesundheit - "mir kam es halt sehr kompliziert vor". Aus diesem Grund sei sie auch froh gewesen, dort nicht zu sprechen. Drei weitere Zeugen folgen am Donnerstag, bis 14.30 Uhr soll die Causa spruchreif sein.

Letzte Verteidigung

Es dürfte die letzte Verhandlung sein, bei der – sollte es überhaupt zu weiteren Anklagen kommen – Strache von seinem bisherigen Verteidiger Johann Pauer vertreten wird. Er könne sich "meinen Anwalt, der mich seit der Veröffentlichung des Ibiza-Videos begleitet hat und dem ich für die Erwirkung der zahlreichen Einstellungen und Freisprüche dankbar bin, einfach nicht mehr leisten", hatte der Ex-FPÖ-Chef in der Vorwoche publik gemacht.

Pauer bestätigte das am Freitag der APA. Er sei Strache entgegengekommen und habe sich mit diesem darauf geeinigt, "dass ich das Prikraf-Verfahren noch mache". Danach sei Schluss. Auf die Frage, ob Strache dann Verfahrenshilfe beantragen werde, ging Pauer nicht im Detail ein. Grundsätzlich sei die Frage, ob Verfahrenshilfe bei Ermittlungsverfahren überhaupt vorgesehen ist.