Die türkis-grüne Koalition führt eine neue Steuer ein. Energieunternehmen müssen 40 Prozent jenes Gewinns abgeben, der über den Durchschnitt der vergangenen Jahre hinausgeht. Das soll "Übergewinne" bzw. Zufallsgewinne betreffen, die diese Unternehmen durch die Teuerung erwirtschaften, die durch den russischen Krieg in der Ukraine entstanden sind. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) spricht von einer "Kriegsdividende", die der Staat abschöpfen will.

Die Steuer wird zweigeteilt: Einerseits für Unternehmen, die Öl und Gas produzieren, andererseits für Stromversorger.

Konkret wird der Staat bei Öl- und Gasunternehmen – betroffen sollen nur die wenigen fördernden und raffinierenden Betriebe, nicht aber z. B. Tankstellen oder Gasversorger – folgendermaßen in die Kasse greifen:

  • Basisbetrag ist der Gewinn ab Juli 2022
  • Dieser wird verglichen mit dem Durchschnitt des Gewinns der Jahre von 2018 bis 2021 plus 20 Prozent
  • Von der Differenz sind 40 Prozent abzuschöpfen
  • Investitionen in erneuerbare Energie werden abgezogen bis zu einem Mindest-Steuersatz von 33 Prozent
  • Die Körperschaftssteuer von 25 Prozent ist zusätzlich abzuführen

Bei Stromerzeugern und -händlern mit mindestens einer Megawattstunde installierter Leistung gilt stattdessen ein Maximalgewinn von 180 Euro pro Megawattstunde. Dieser maximale Erlös sinkt auf 140 Euro/MWh, wenn keine Investitionen in erneuerbare Energien nachgewiesen werden können. Wer ab Dezember mehr Gewinn macht, dem wird der diesen Satz übersteigende Betrag abgeschöpft.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) erwartet Mehreinnahmen von zwischen zwei und vier Milliarden Euro für den Staat. Diese sollen in Hilfsmaßnahmen wie die Strompreisbremse investiert werden.

Opposition, AK und Umweltschützer üben Kritik

Die ersten Reaktionen auf die Regierungspläne fallen vorwiegend negativ aus. "Die Regierung bleibt bei der Umsetzung der Übergewinnsteuer deutlich unter ihren Möglichkeiten", ließen ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und AK-Präsidentin Renate Anderl per Aussendung wissen. Notwendig sei eine Ausweitung der Besteuerung auf den gesamten Energiesektor, eine Erfassung der gesamten Übergewinne 2022, 2023 und 2024 und ein höheres effektives Besteuerungsniveau.

Der SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried kritisierte den Vorschlag als "reines Übergewinngeschenk" für Energieunternehmen. "Bei geschätzten Übergewinnen der OMV im Jahr 2022 von sechs Milliarden Euro bleiben der OMV fünf Milliarden über und der Verbund kann überhaupt fast den gesamten Übergewinn für das Jahr 2022 behalten, weil die Steuer erst ab 1.12. greift" rechnete er vor.

Laut der FPÖ profitiert mit der Maßnahme "ein Krisengewinnler vom anderen". Wirksame Abhilfe könne nur die Halbierung oder gänzliche Streichung der Mehrwertsteuer liefern, so Parteichef Herbert Kickl. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace bemängelt die Höhe und die Dauer der Maßnahmen und nennt sie "weitgehend mutlos". Der WWF forderte eine Zweckwidmung von "zumindest zehn Prozent der Übergewinne der Energieversorger für den Natur- und Biodiversitätsschutz". Die Protestbewegung Fridays For Future (FFF) sprach sich ebenfalls für die Abschöpfung von 100 Prozent der "Zufallsgewinne" aus.

Der betroffene Energieversorger Verbund signalisierte in einer Aussendung "Verständnis, dass ein Beitrag zur Entlastung der Haushalte und auch der Industrie geleistet werden muss". Das Unternehmen bereite die Umsetzung der Maßnahmen vor.