Das erste Budget von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) steht im Zeichen von Corona, Krieg und Teuerung – aber beinhaltet etwa auch Teile Pflegereform und mehr Geld fürs Bundesheer. Nun befindet es sich auf der Zielgeraden, der Nationalrat beginnt am heutigen Dienstag mit den finalen Budgetberatungen. Dabei lobte die Regierung ihr Budget und sich selbst, nach heftigen Angriffen der Opposition und Forderungen nach Neuwahlen wurde der Ton aber auch vonseiten der türkis-grünen Koalition rauer.
Finanzminister Brunner zeigte sich im Grunde aber zufrieden: Man habe in der Pandemie "nicht alles, aber sehr viel richtig gemacht" und sei aus dieser ersten Krise wirtschaftlich gut herausgekommen. "Klar ist aber auch, dass wir nicht alle Krisen dieser Welt zu hundert Prozent kompensieren können" – mit dem neuen Budget federe man aber die Auswirkungen der Teuerungen zu einem großen Ausmaß ab und nehme Geld in die Hand, um die Abhängigkeit von fossiler Energie zu reduzieren.
Erste Verbesserung für Unis
SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner sieht das naturgemäß anders: Das Budget zeige, die Regierung sei "planlos, hilflos und sinnlos". Es brauche nun "nachhaltige, kluge und wirksame Maßnahmen, damit die Preise endlich sinken", stattdessen mache die Regierung "Schulden ohne Nutzen". Drei Viertel der Bevölkerung würden, wie Umfragen zeigen, der Regierung nicht mehr vertrauen.
"Machen Sie endlich den Weg frei für eine handlungsfähige, starke Bundesregierung", forderte Rendi-Wagner vor der beinahe vollständig besetzten Regierungsbank. Dass die Regierung hingegen nur die Hälfte der benötigten Mittel für die Universitäten zur Verfügung stellt, sei "fahrlässig. Sie vergehen sich an der Zukunft des Forschungs- und Industriestandorts Österreichs", sagte die SPÖ-Vorsitzende Richtung Regierung.
Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) kündigte heute im Ö1-Morgenjournal für 2023 bereits eine weitere Erhöhung um 150 Millionen Euro zusätzlich für Österreichs Universitäten an. Die entsprechenden Rücklagen sollen am Donnerstag freigegeben werden, erklärte ÖVP-Wissenschaftssprecher Rudolf Taschner. Den Universitäten reicht das nicht, in Graz gehen heute mehr als 1000 Menschen für mehr Geld auf die Straße.
Kickls "Putin-Propaganda"
FPÖ-Chef Herbert Kickl stößt sich hingegen einmal mehr an den Ausgaben für Impfkosten, den Sanktionen gegen Russland und dem Asylwesen. Die heutige Budgetdebatte bezeichnet der FPÖ-Klubobmann als "übliche Mischung aus Selbstbeweihräucherung und Autosuggestion" der Regierung. So "mies und unehrlich" sei noch nie ein Budget gewesen: "Pharmakonzerne, Waffenindustrie, Energiekonzerne und Schleppermafia machen die Geschäfte ihres Lebens, und Österreich schlittert auf Kosten der nächsten Generation immer mehr in die roten Zahlen".
Man habe einmal mehr die "übliche Putin-Propaganda, die Klimawandel-Leugnung des Herrn Kickl" gehört, sagte im Anschluss eine sichtlich frustrierte grüne Klubobfrau Sigrid Maurer. Der FPÖ-Chef zeige keine Bereitschaft zur Problemlösung, "Sie haben ausschließlich Interesse daran, zu hetzen, Lügen zu verbreiten, mit Angst Propaganda zu machen und Stimmen zu heischen".
Der brutale russische Angriffskrieg und die Klimakrise würden täglich zeigen, was in den letzten Jahrzehnten falsch gelaufen sei. Daher müsse man nun den Schalter umlegen und Reformen angehen. Das Budget 2023 stehe daher im Zeichen der Energieunabhängigkeit, Klimaschutz, Abfederung der Teuerung und Sicherheit. Mit dem Ende der Kalten Progression habe man etwas geschafft, was rot- oder blau-getönte Regierungen jahrzehntelang verabsäumt hätten.
"Planlos, hilflos, faktenbefreit"
"Das ist planlos, hilflos und völlig faktenbefreit", gab ÖVP-Klubobmann August Wöginger Rendi-Wagner als Vorwurf zurück – und forderte seinerseits SPÖ und FPÖ auf, ihre "Schaukelstuhlpolitik" zu beenden. Die Regierung unterstütze seit drei Jahren die Menschen und die Wirtschaft in allen Krisen. Das Budget bringe soziale, wirtschaftliche und militärische Sicherheit, mit z. B. 4,9 Mrd. Euro für die Transformation oder 1,7 Mrd. für Pflege. "Das sind die richtigen Antworten auf die Zukunft, die wir hier geben", während die Opposition nur viel Kritik vorbringe, aber wenig brauchbare Vorschläge, meinte Wöginger.
"Ich sehe diese Vision nicht", sagt auch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Jetzt entscheide sich, "wie tief und wie lang wir durch dieses Tal gehen werden" – und ob man gestärkt aus dieser Krise komme. Letzteres erreiche man nicht, "indem man einfach Unzufriedenheit der Menschen mit Geld bewirft", kritisiert Meinl-Reisinger die "größten Ausgaben aller Zeiten". Sie freue sich zwar, dass bei den Universitäten nachgebessert werde, frage sich aber: "Was ist mit den Kindergärten? Wo sind hier die Zukunftsinvestitionen?"
Justiz bis Sport
Beschlossen wird heute bereits das Budgetbegleitgesetz, mit dem unter anderem die angekündigte Budgetaufstockung für das Bundesheer langfristig abgesichert und ein neuer milliardenschwerer Fördertopf für die klimagerechte Transformation der Industrie eingerichtet werden. Auch neben der Budgeterhöhung in der Wissenschaft dürften in den nächsten Tagen weitere Abänderungsanträge vonseiten der Regierung eingebracht werden.
Was die Budgetkapitel angeht, sind am Dienstag Justiz und Inneres an der Reihe, die beide zu den Gewinnern des Haushaltsvorschlags zählen. Gleiches gilt für die Kultur, etwas geringer ist der Anstieg im Budget von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP). Mit den "Obersten Organen" mitberaten werden die Bereiche Bundeskanzleramt, öffentlicher Dienst und Sport.
Insgesamt soll das Maastricht-Defizit kommendes Jahr bei 2,9 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Die Schulden steigen auf 367 Mrd. Euro, der Anteil am Bruttoinlandsprodukt sinkt jedoch leicht von 78,3 auf 76,7 Prozent. Die Zinszahlungen verdoppeln sich von 4,3 auf fast neun Mrd. Euro im Jahr 2023.
Gegenfinanzierung in den nächsten Jahren?
Die meisten Budgetexpertinnen und -experten des Parlaments begrüßten den Finanzplan der Regierung für 2023 trotz – oder gerade wegen – der hohen Ausgaben für Hilfszahlungen. Gleichzeitig mahnten sie die Abgeordneten, Maßnahmen wie die Abschaffung der Kalten Progression etwa durch Verwaltungsreformen nachhaltig gegenzufinanzieren und auf den Kampf gegen den Klimawandel nicht zu vergessen.
Das Thema Gegenfinanzierung komme in der heutigen Debatte gar nicht vor, kritisiert die Neos-Abgeordnete Karin Doppelbauer. Das Geld werde einfach ausgeborgt, "als ob es auf den Bäumen wachsen würde". Die Regierung gebe "das Geld der Jungen aus, das Geld der Zukunft aus" ohne wichtige Zukunftsinvestitionen zu treffen. "Zukunftsvergessen ist daher das einzig richtige Wort, das dieses Budget beschreibt", sagt die Neos-Abgeordnete und fordert, weniger Geld "mit der Gießkanne" auszugeben.