Die Universitäten warnen vor einem finanziellen "Blackout": Aufgrund der extrem steigenden Kosten würden 500 Millionen Euro mehr für 2023 und 2024 nicht genügen – immerhin wächst das Universitätenbudget damit nur um 4 Prozent, deutlich unter der generellen Teuerung. Mit Sorge blicken die Universitäten vor allem auf die Gehaltsverhandlungen: "Wenn hier ein fairer Gehaltsabschluss kommt, den wir alle wollen, stehen die Unis mit dem jetzigen Budget vor einem 'Blackout'", warnt die Chemikerin Edith Gößnitzer von der Uni Graz.
Ohne die erforderlichen 1,2 Milliarden Euro bis 2024 müssten Universitäten in ganz Österreich wohl Ausschreibungsstopps verhängen. Die Universität Wien hat das bereits getan. Damit verliere man nicht nur "den Kampf um die besten Köpfe", das fehlende Geld werde auch Nachteile für Studierende haben, warnt die Konferenz der Senatsvorsitzenden der österreichischen Universitäten.
Studierende tragen die Konsequenzen
Neben einem Qualitätsverlust der Lehre könnten Studierende durch die nicht abgegoltene Teuerung auch länger auf ihren Studienabschluss warten müssen: Wenn weniger Lehrpersonal zur Verfügung steht, müssen Seminare, Labore, Ateliers und die Betreuung von Abschlussarbeiten eingespart werden. "Das bedeutet für Studierende längere Wartezeiten und dadurch verlängerte Studienzeiten", erklärt Gößnitzer. Auch die Öffnungszeiten von Bibliotheken könnten verkürzt und im Winter Räume wegen zu hoher Heizkosten gesperrt werden müssen, fürchtet die Chemikerin.
"Die Studierenden tragen schlussendlich die Konsequenzen", kritisiert die stellvertretende ÖH-Vorsitzende Sara Velić (VSStÖ). So habe etwa die Uni Klagenfurt bereits angekündigt, aus Kostengründen die Öffnungszeiten der Bibliotheken zu verkürzen. Lernen die Studierenden zuhause, würden sich aber ihre eigenen Energiekosten erhöhen, kritisiert die Studierendenvertreterin.
Eine indirekte Verlängerung der Studienzeiten würde nicht nur einen früheren Einstieg in das Berufsleben verhindern, sondern bereits während dem Studium vor allem jene Studierende treffen, die ohnehin schon finanziell benachteiligt sind, sagt Velić.
Denn ab einer gewissen Studiendauer sind Studiengebühren zu entrichten, Unterstützungsleistungen wie Familien- und Studienbeihilfe haben Altersgrenzen. "Und auch Vergünstigungen wie Öffi-Tickets sind meist mit einer Altersgrenze verbunden", erinnert Velić. Wird das Studium durch Einsparungen verlängert, wird das Leben für Studierende folglich zusätzlich teurer.
Bei Distance-Learning Demonstrationen
Dabei sind Studierende ohnehin schon stark von der Teuerung betroffen: "Man hört im Alltag, dass sich Studierende Bücher und Unterlagen nicht mehr leisten können", erzählt Velić. Im Sozialreferat der ÖH wird heuer ein viel größerer Bedarf für Unterstützung angemeldet, als normalerweise. Am morgigen Freitag wird die ÖH daher eine Erhöhung des Sozialfonds um 180.000 Euro beschließen.
"Die Studierenden fühlen sich völlig im Stich gelassen", sagt die VSStÖ-Vertreterin: Schon in den letzten beiden Corona-Jahren habe die Regierung auf die Studierenden vergessen, "es kann nicht sein, dass wir jetzt schon wieder die letzten auf der Prioritätenliste sind". In Gesprächen mit der Regierung merke man aber seit Monaten, "dass gar kein Wille zur Verbesserung der Situation besteht".
"Die Wut ist sehr, sehr, sehr groß", sagt Velić. Für die stellvertretende ÖH-Vorsitzende ist daher klar: "Wenn sich da bald nichts tut und wir wieder zurück ins Distance-Learning geschickt werden, werden wir unseren Protest auf der Straße ausdrücken". Der Schulterschluss mit Unis und Lehrpersonal sei dabei selbstverständlich.
Unterstützung des Finanzministers gefordert
Mehr Budget werde es nicht geben, sagte Wissenschaftsminister Martin Polaschek Anfang der Woche gegenüber der Kleinen Zeitung: "Ich verstehe die Lage der Unis. Aber in Zeiten der Krise müssen sie Schwerpunkte setzen und vielleicht einmal einige Investitionen zurückstellen."
Schon jetzt werde jeder Cent zweimal umgedreht, sagt darauf Gößnitzer. In der Chemie erlebe sie etwa eine Verzehn- bis Verzwanzigfachung von Chemikalienpreisen: "Wir überlegen, was wir jetzt noch machen können, welche Chemikalien wir ersetzen können" - doch manche brauche man einfach: "Wir sind kreativ, aber mehr geht nicht. Wir brauchen jetzt wirklich die Unterstützung des Finanzministers".
Ein Treffen zwischen Polaschek und dem Präsidium der Universitätenkonferenz (uniko) am Montag brachte kein Ergebnis. Nachbesserungen beim Budget schloss Polaschek aber aus, Entlastungen könnte es bei Mieten und Energiekosten geben. Man sei sich mit der uniko aber einig, "alles daran zu setzen, einen Personalabbau zu verhindern", hieß es im Anschluss.
Beim Thema Personalkosten – bei den Unis mit rund zwei Drittel der Gesamtkosten der größte Kostenfaktor – werde man die Lage beobachten und nach den Gehaltsverhandlungen prüfen, sagte Polaschek am Montag am Rande einer Pressekonferenz. Sollten die Gehaltsabschlüsse weit über den erwarteten Zahlen liegen, werde das Ministerium entsprechend helfen. Ab wie viel Prozent Gehaltssteigerung dies der Fall sein wird, wollte der Minister auf Nachfrage nicht sagen. Er wolle den weiteren Gesprächen nicht vorgreifen.
Erst Unis, dann neues Institut in Linz
Die Konferenz der Senatsvorsitzenden fordert die Regierung auf, die durch die Teuerung entstehenden Mehrkosten von 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Außerdem solle es zu einer Priorisierung der Mittel kommen. Bevor das geplante Institute of Digital Sciences Austria in Linz finanziert wird, müssten zuerst die Universitäten ausreichend Geld erhalten. Auch solle die Möglichkeit einer Mietreduktion geprüft werden und sichergestellt sein, dass es zu keiner Verzögerung in der Nachbesetzung von Stellen kommt.
Die Unis könnten den finanziellen Bedarf auch belegen, "wir unterstützen auch den Minister gerne, wenn wir da an seiner Seite stehen sollen", sagt Gößnitzer. Sie hofft, dass neben Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) auch Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) auf Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) einwirkt, damit dieser Einsicht zeigt und "die Unis nicht am langen Arm verhungern lässt".
Maximilian Miller