Das Innenministerium behält sich vor, in den nächsten Tagen wegen der angespannten Situation bei der Unterbringung von Asylwerbern auch in anderen Bundesländern Zelte aufzustellen. Nach Informationen der Kleinen Zeitung könnten nach Kärnten und Oberösterreich, wo am Wochenende erste Zelte aufgebaut worden sind, nun Vorarlberg und Tirol zum Zug kommen.
Die beiden Bundesländer liegen in der Quotenerfüllung – so wie Oberösterreich und vor allem Kärnten – weit hinten zurück. In der Steiermark und in Niederösterreich, auch Salzburg sei derzeit nichts geplant. Wien und das Burgenland kommen nicht infrage, da sie die Quote übererfüllen. Derzeit befinden sich 90.000 Personen in der Grundversorgung, das ist mehr als 2016 und 2017, knapp als Zweidrittel kommen derzeit aus der Ukraine.
Die Zelte werden auf Grundstücken des Innenministeriums, beispielsweise bei Landespolizeidirektionen, aufgestellt, um zu verhindern, dass sich Asylwerber zum Beispiel vor Schulen aufhalten, erklärte Karner am Dienstag nach einem Arbeitsgespräch mit Griechenlands Migrationsminister Notis Mitarakis im Innenministerium in Wien. Jene, die kaum eine Chance auf Asyl hätten, wie jene aus Indien, Marokko und Tunesien, würden dort untergebracht. Es könne "gut sein", dass es auch in anderen Bundesländern Zelte geben wird, meinte Karner nach dem Plan für Tirol und Vorarlberg gefragt.
In Vorarlberg war man bemüht, genau das zu vermeiden. Das Land will noch in dieser Woche – durch intensive Anstrengungen seitens der Caritas – 70 zusätzliche Plätze für Flüchtlinge bereitstellen, wie Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ankündigte. Auch eine Container-Lösung werde geprüft. Wallner sprach von einem ersten Schritt, dem weitere folgen würden. "Die Zelte brauchen wir nicht", betonte der Landeshauptmann in Richtung des Bundes. Nachlässigkeit wollte er sich auch nicht nachsagen lassen: "Wir können nur so viele unterbringen, wie es möglich ist." Er verwies vielmehr auf Versäumnisse von anderer Seite: "Wo bleibt der effektive Schutz der EU-Außengrenze?"
In Oberösterreich wird indes der Versuch, leichter Großquartiere für Flüchtlinge zu schaffen, von der SPÖ bekämpft. Laut Klubobmann Michael Lindner sei in der entsprechenden Novelle, die am Donnerstag im Landtagsausschuss beschlossen werden soll, die bisher enthaltene Obergrenze von 100 Personen pro Quartier gestrichen worden. Die SPÖ kritisiert ein "Drüberfahren" über die Städte und Gemeinden und forderte die ÖVP auf, den Gesetzesvorschlag zurückzuziehen.
"Dramatisch" sei die Lage mittlerweile an der österreichisch-ungarischen Grenze, warnte unterdessen die SPÖ Burgenland. Das Land fühle sich von der Bundesregierung alleine gelassen, meinte Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ) bei einer Pressekonferenz mit Lokalpolitikern aus den Grenzgemeinden im Bezirk Oberpullendorf. Während sich die Situation "von Tag zu Tag" verschlimmere, gebe es weiterhin "keine zielführenden Maßnahmen" des Bundes.
Die Grünen betonten in einer Aussendung, dass vonseiten des Bundes sehr wohl etwas gemacht werde. Es sei eine Besichtigung an der Grenze mit dem Grünen Sicherheits- und Asylsprecher Georg Bürstmayr geplant, bei der auch Gespräche mit Landespolizeidirektion und Bundesheer geführt werden sollen.
Der burgenländische FPÖ-Obmann Alexander Petschnig sah zwar wie die Roten Karner "überfordert", doch auch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) sei gefragt, hielt er fest. Sein niederösterreichischer Kollege Udo Landbauer forderte Karner überhaupt zum Rücktritt auf und pochte auf einen "Asylstopp".
Die Statistik zeigt jedenfalls, dass die Zahl der in der Grundversorgung betreuten Flüchtlinge im September einen Höchststand erreicht hat. Mit 89.520 Menschen waren es bereits wesentlich mehr als in den Jahren der Flüchtlingskrise 2016 und 2017, damals wurden jeweils knapp 80.000 Menschen betreut, geht aus den Zahlen des Innenministeriums hervor. Von den Anfang September in der Grundversorgung befindlichen Menschen wurden 82.965 von den Ländern betreut, 6550 befanden sich in der Obhut des Bundes. Die Top-Herkunftsländer waren Ukraine (57.610), Syrien (12.561) und Afghanistan (5321).