Die steigende Zahl an Asylwerbern war für die FPÖ am Dienstag Anlass für eine Sondersitzung des Nationalrats. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) räumte dabei ein, dass Österreich ein Problem im Bereich der illegalen Migration habe. An diesem arbeite man rund um die Uhr, und zwar "ohne großes Tamtam", aber auch ohne etwas zu beschönigen. Genau das nahm FPÖ-Chef Herbert Kickl Karner nicht ab. Er vermisste "Schafe im Wolfspelz" und attestierte der Bundesregierung Unfähigkeit.
Karner unterstrich in Beantwortung einer Dringlichen Anfrage der FPÖ, dass man sich den Problemen stelle, aber "ohne Schaum vor dem Mund". Tatsächlich verzeichne man derzeit eine Steigerung der Asylantragszahlen um fast 200 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Diese Migrationswelle habe mehrere Gründe, denen man einen entsprechenden Riegel vorzuschieben gedenke. Er verwies auf den Zustrom vor allem aus Indien, die Visafreiheit am Westbalkan sowie auf die Schlepper, die die Offenheit Europas für Vertriebene aus der Ukraine für eigene Werbezwecke missbrauchten.
Hier brauche es ein ganzes Maßnahmenbündel, stärkere Grenzkontrollen in Österreich, Registrierung statt Durchwinken, polizeiliche Verfolgung der Schlepper mit heuer bereits 400 Festnahmen, aber auch "Antimarketing" in den Herkunftsländern sowie eine geplante Strafverschärfung für Schlepper. Bi- und multilateral kooperiere man beim Grenzschutz, etwa mit Ungarn oder am Westbalkan. Auf europäischer Ebene gehe es um ein Vorantreiben des Asyl- und Migrationspakts. Karner erinnerte auch daran, dass er sich mit Dänemark und Großbritannien über die Abwicklung von Asylverfahren in Drittstaaten ausgetauscht habe ("ich will nichts Rechtswidriges, aber ich will darüber diskutieren"). Und er zeigte sich gegenüber Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) dankbar, dass man Serbien habe verpflichtet können, bei der Verschärfung der Visaregeln mitzugehen.
Kickl sieht "Verrat an der eigenen Bevölkerung"
Davor hatte Kickl in seiner Anfragebegründung gegen die Regierung, speziell gegen die ÖVP, vom Leder gezogen. Diese habe in Sachen Asylobergrenzen einen "riesigen Verrat an der eigenen Bevölkerung" begangen. Man erreiche heuer fast 70.000 Asylwerber: "Die alle kommen herein, weil Sie sich entschieden haben, unsere Grenzen nicht zu beschützen, sondern unsere Polizisten und Soldaten als Escortservice zu missbrauchen". Sein Appell an Karner: "Verraten Sie diesmal wenigstens die Grünen und nicht die eigene Bevölkerung."
Die Situation an der burgenländisch-ungarischen Grenze zeige, dass die Bundesregierung beim Thema Asyl "versagt" habe, meinte auch SPÖ-Mandatar Reinhold Einwallner. Es gebe kein funktionierendes Grenzmanagement und es fehle Personal. "Einen Zaun um Österreich zu bauen, das erhöht den Wohlstand nicht", sah Gerald Loacker von den Neos hingegen ganz andere Probleme im Land.
Kickl thematisierte auch die Russland-Sanktionen. Mit der EU und der Nato führe Österreich hier einen Wirtschaftskrieg und agiere "in der Mentalität eines islamistischen Selbstmordattentäters".
Maurer sieht "fünfte Kolonne Putins in Österreich"
Die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer ortete zwar ohnehin den Präsidentschaftswahlkampf als wahren Hintergrund für die Sondersitzung, nahm aber den Ball auf und schoss sich auf die blaue Haltung gegenüber Russland ein. Die FPÖ handle "im Interesse Wladimir Putins", erinnerte Maurer an "Verflechtungen". Die FPÖ könne getrost als "fünfte Kolonne Putins in Österreich" bezeichnet werden, meinte Maurer. "Die Freiheitliche Partei ist die Partei Putins in Österreich." Im Gegensatz zu allen anderen Fraktionen stelle sich die FPÖ "an die Seite des Kriegsverbrechers".
Dass die bevorstehende Hofburg-Wahl durchaus ein Grund für den blauen Sondersitzungswunsch gewesen sein dürfte, machte FPÖ-Mandatar Hannes Amesbauer deutlich, indem er der Regierung vorwarf, mit Alexander Van der Bellen einen Bundespräsidenten zu unterstützen, "der sagt: Ausländer herein, so viele wie möglich". Auch appellierte Amesbauer an die Wahlberechtigten: "Nutzen Sie am Sonntag die Gelegenheit, der Bundesregierung eins auszuwischen und vor allem den Van der Bellen aus der Hofburg rauszuwerfen."