Niederösterreichs Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) und eine mitangeklagte frühere Landesbedienstete wurden in St. Pölten vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs freigesprochen. Die Vorwürfe drehten sich um die Verlegung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in das mit Stacheldraht begrenzte Asylquartier Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) im November 2018. Die Urteile des Landesgerichts sind nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgab.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) lastete den Angeklagten an, zumindest 14 Flüchtlinge durch die Verlegung in die Unterkunft im nördlichen Weinviertel in ihrem Recht auf Grundversorgung und Unterbringung in einer geeigneten Unterkunft geschädigt zu haben.
Stacheldraht "unnötig und entbehrlich" - aber nicht destabilisierend
Der Schöffensenat hatte laut Richterin Silvia Pöchacker rechtlich zu beurteilen, ob ein geeignetes Quartier im Sinne des Grundversorgungsgesetzes vorlag. Das Kindeswohl stehe dabei an erster Stelle. "Wir sind zum Schluss gekommen, dass die Unterkunft nicht per se ungeeignet war", begründete Pöchacker das Urteil.
Die Jugendlichen seien nicht eingesperrt gewesen. "Ein Bauzaun in Betonschuhen mit einer Reihe Stacheldraht darüber stellt per se keine die Persönlichkeit destabilisierende Maßnahme dar", meinte die Richterin. Nichtsdestotrotz sei der Stacheldraht "unnötig und entbehrlich" sowie "ein unüberlegter politischer Wunsch" gewesen.
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte am 30. November 2018, vier Tage nach der Eröffnung, veranlasst, dass die Bewohner in ein anderes Quartier gebracht werden. Die 55-jährige Mitbeschuldigte ist auch wegen Fälschung eines Beweismittels und Verleumdung angeklagt, weil sie im Ermittlungsverfahren eine E-Mail unvollständig vorgelegt und so den Verdacht auf ihren Vorgesetzten gelenkt haben soll.