Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) hat am Donnerstag "dramatische" Zustände im Asyl-Erstaufnahmezentrum in der Stadt im Bezirk Baden kritisiert. Via Video auf Twitter und Facebook wandte er sich an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP): "Wir fordern ein, dass in Traiskirchen kein Massenlager ist." Er verlangte eine "menschenwürdige Unterbringung von Flüchtenden in unserem Land". Das Innenministerium verwies auf APA-Anfrage auf "konstruktive" Gespräche mit Babler.
Das Erstaufnahmezentrum ist laut Babler auf 480 Menschen ausgelegt, derzeit sollen sich aber mehr als dreimal so viele Personen dort befinden. Das Innenministerium gibt aufgrund der hohen Fluktuation keine Zahlen bekannt. Das System produziere "obdachlose Menschen, die nicht aufgenommen werden und die Nacht auf dem Gehsteig schlafen müssen", wies der Bürgermeister auf Auswirkungen auf die Stadt und die Bevölkerung hin. Jeden Tag stünden einige Personen auf der Straße, sagte Babler zur APA.
"Der Innenminister hat die Verpflichtung, Flüchtlinge unterzubringen", betonte Babler. Er verlangte etwa mehr Bundeszentren. Richtung Karner meinte der Sozialdemokrat: "Für mich liegt der Verdacht nahe, dass Sie die Situation hier in Traiskirchen aus reinem parteipolitischem ÖVP-Kalkül heraus eskalieren lassen möchten, um das Thema Flucht und Migration in Österreich hochzutreiben und von Ihrem Regierungsversagen bei wirksamen Antiteuerungsmaßnahmen oder von den ÖVP-Korruptionsthemen abzulenken."
Ministerium: "Asylsystem an der Belastungsgrenze"
Im Innenministerium zeigte man sich auf Anfrage über die Beiträge von Babler verwundert: Karner habe in jüngster Zeit öfters Kontakt mit dem Traiskirchner Bürgermeister gehabt, der Minister "bedankt sich für die überaus konstruktiven Gespräche". "Aber wie so oft: Social Media ist das eine, die persönliche Gesprächsbasis das andere", hieß es aus dem Innenministerium. In Folge der Kontakte sei etwa die Präsenz von Polizeistreifen verstärkt worden. Die Vorwürfe wurden zurückgewiesen, die von Babler erwähnten Fälle von Obdachlosen kann man nicht nachvollziehen.
Das Asylsystem sei an der Belastungsgrenze angelangt, wurde vonseiten des Ministeriums erneut festgehalten. 90.000 Menschen befinden sich derzeit in der Grundversorgung, davon 57.000 Ukrainer. Eine steigende Zahl an Asylsuchenden stammen den Angaben zufolge aus Ländern mit keiner oder äußerst geringer Bleibewahrscheinlichkeit wie Indien, Marokko oder Tunesien. Diese Asylverfahren würden in der Regel beschleunigt abgewickelt, viele Flüchtlinge würden Österreich verlassen. Trotzdem komme es bei der Bearbeitung dieser Asylanträge immer wieder zu Spitzen in der Unterbringung.