Der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss hat auch am zweiten Tag der Woche die Abhängigkeit Österreichs von russischem Gas thematisiert. Als erste Auskunftsperson geladen war Ex-OMV-Aufsichtratschef Wolfgang C. Berndt, der einen Zusammenhang zwischen seinen Spenden an die ÖVP und seiner Aufsichtsrat-Tätigkeit dezidiert ausschloss. Am Nachmittag wird der Ausschuss mit einer weiteren OMV-Mitarbeiterin fortgesetzt.

Der 79 Jahre alte frühere internationale Manager (Lloyds Bank, Procter & Gamble, GfK) hatte (noch als Vizechef des Aufsichtsgremiums der teilstaatlichen OMV) insgesamt 65.000 Euro an die ÖVP gespendet. Im Jahr 2017 waren es für die JVP 20.000 und 2019 für die ÖVP 45.000 Euro. "It's not a big deal (Es ist keine große Sache, Anm.)", sagte er zu diesen zwei Spenden in seiner Befragung, die am Nachmittag nach gut fünf Stunden zu Ende ging. Denn die Gesamtsumme entspreche nur 19 Prozent seiner insgesamt getätigten Spenden. Der Rest sei in karitative, kulturelle und wissenschaftliche Belange geflossen.

2017 habe er für die Junge ÖVP (JVP) des späteren ÖVP-Chefs und -Bundeskanzlers Sebastian Kurz gespendet, "weil sich damals die Regierung nicht um die Dinge gekümmert hat, die den Menschen auf dem Herzen gelegen sind - das waren nun einmal Migration und Arbeitslosigkeit." Dass er deswegen 2019 Aufsichtsratschef geworden sei, "ist natürlich Unfug - das hat nichts mit quid pro quo zu tun".

Spende wegen Absetzung der Regierung

Die zweite Spende in Höhe von 45.000 Euro an die ÖVP sei 2019 aus Ärger darüber geflossen, dass die anderen Parteien die gesamte ÖVP-geführte Regierung abgesetzt haben. Wäre ein Misstrauensantrag nur gegen Kurz erfolgt, hätte er das eher noch verstanden, sagte Berndt. Das Geld sei für den nötigen Wahlkampf gedacht gewesen.

"Mir war nicht bewusst, dass ich auf einem ÖVP-Ticket sitze", sagte Berndt zur SPÖ-Abgeordneten Julia Herr, die darauf verwies, dass sich ÖVP und FPÖ die Verteilung von Aufsichtsratsposten ausgemacht haben. Politischen Einfluss habe er nie einen ausgemacht. Sinngemäß sagte Berndt, dass wenn ein solcher geplant gewesen wäre, die potenziell Beteiligten wie Thomas Schmid als Intimus von Kurz wohl gewusst hätten, dass man an ihn solcherlei Dinge keinesfalls herantragen könne. Als es um weitere Chats zwischen Kurz und Schmid mit OMV-Bezug ging, hielt Berndt fest: "Ich chatte nicht. Ich habe keinen Chat gesehen, wo ich Adressat oder Sender bin."

Dass die Abhängigkeit von Russland beim Gas gestiegen sei, liege nicht daran, dass "irgendeiner eine Entscheidung getroffen hat, das hat sich so ergeben", sagte Berndt. Der Gasverbrauch in Österreich sei von 2014 bis 2021 um ein Fünftel gestiegen, die einheimische Fördermengen hätten sich halbiert, Bezüge aus Deutschland und den Niederlanden seien dramatisch zurückgegangen - aus den Niederlanden etwa, weil das dortige größte Gasfeld Groningen aufgrund von Erdbewegungen rasch geschlossen wird. "Also wurden zusätzliche Mengen gebraucht, um das auszugleichen."

Aufsichtsrat nicht mit Russland-Vertrag befasst

Der aktuelle Gasliefervertrag zwischen OMV und Gazprom war 2018 verlängert worden. Unterschrieben haben Ex-OMV-Chef Rainer Seele und Gazprom-Chef Alexey Miller im Beisein von Ex-Kanzler Kurz und Russlands Präsidenten Wladimir Putin bei deren Treffen im Rahmen von Putins Staatsbesuch in Österreich. Der Aufsichtsrat wurde mit dem Vertrag nicht befasst, sagte Berndt heute. Die OMV habe dies zuletzt geändert: Nunmehr würde auch das Gremium mit Gaslieferverträgen befasst, so der Ex-Vorsitzende.

Berndt war ab 2010 Mitglied des OMV-Aufsichtsrats. Später war er fünf Jahre Vize-Vorsitzender des Gremiums, bevor er als Nachfolger von Ex-Siemens-Chef Peter Löscher ab Mai 2019 noch für ein gutes Jahr den Vorsitz übernahm. Löscher hatte laut eigenen Angaben einen steigenden politischen Einfluss in die OMV befürchtet. Das tat Berndt damit ab, dass ein ÖBAG-Vertreter in den Aufsichtsrat sollte, dies aber gut so gewesen sei, weil der staatliche Syndikatspartner Mubadala aus Abu Dhabi darin bereits vertreten gewesen war, aber kein Vertreter Österreichs: "Das war pervers." Schmid habe sich professionell in die Aufsichtsratsarbeit eingebracht.

Löscher hatte sein Mandat früher abgegeben, darauf sei Berndt vom damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) gefragt worden, ob er übernehme. Das habe er als logisch empfunden, weil es nur um ein Jahr gegangen sei und kurzfristig gehandelt werden habe müssen. Also sei es angebracht gewesen, ihn als erfahrenes Mitglied zu verlängern und den Aufsichtsratsvorsitz vorübergehend übernehmen zu lassen.

Innenminister Karner kam nicht

Die Frage, ob die Hausdurchsuchungen bei Ex-ÖBAG-Chef Schmid je Thema im OMV-Aufsichtsrat waren, verneinte Berndt. Aber: "Es wurde natürlich registriert und darüber war man nicht glücklich."

Nach Berndt ist für den Nachmittag noch die Befragung einer weiteren früheren OMV-Mitarbeiterin geplant. Abgesagt hat hingegen die ehemalige rechte Hand von Ex-OMV-Chef Rainer Seele, Markus Friesacher.

Nicht erscheinen wird Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), den die Opposition am Vortag kurzfristig in den Ausschuss gebeten hatte. "Ein so kurzfristig angekündigtes Erscheinen ist dem Minister nicht möglich", erklärte Karners Sprecher. Die Opposition will den Ressortchef befragen, weil dieser den ehemaligen Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid bisher nicht im U-Ausschuss vorführen ließ. Karners Büro betonte bereits am Dienstag, dafür fehle die rechtliche Grundlage. SP-Abgeordneter Krainer verwies hingegen darauf, dass Schmid selbst vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgesagt habe, dass er die entsprechende Ladung erhalten hat. Krainer will Karner trotzdem bald im Ausschuss sehen: "Wir bleiben dabei, er muss in den nächsten Tagen kommen."