1 Wie ist die Förderung für den Strompreis aufgebaut?
Die türkis-grüne Bundesregierung will für jeden Haushalt die Kosten für die ersten 2900 Kilowattstunden Strom auf 10 Cent pro kWh deckeln. Für den darüber hinausgehenden Jahresverbrauch muss der Marktpreis bezahlt werden.
2 Wieso werden gerade 2900 Kilowattstunden gefördert?
Die Zahl entspricht 80 Prozent des durchschnittlichen Jahresverbrauchs eines österreichischen Privathaushalts. Dieser liegt bei rund 3700 Kilowattstunden. Die Idee, nur 80 Prozent davon zu fördern, soll die Motivation zum Stromsparen aufrechterhalten.
3 Was ist, wenn ich weniger als 2900 kWh im Jahr verbrauche?
Dann zahlen Sie für ihren gesamten Strombedarf nur die (geförderten) 10 Cent. Ein Ausgleich für den nicht verbrauchten Strom ist nicht vorgesehen. Das betrifft ziemlich viele Haushalte: Rund die Hälfte der österreichischen Haushalte verbraucht weniger als 2500 Kilowattstunden Strom im Jahr, sie fallen damit komplett unter die von der Strompreisbremse betroffene Menge.
4 Wie viel erspare ich mir durch die Strompreisbremse konkret?
Das hängt von Ihrem Tarif und Ihrem Verbrauch ab. Wenn Ihr Haushalt beispielsweise 4000 Kilowattstunden im Jahr verbraucht und Ihr Anbieter 45 Cent pro Kilowattstunde verlangt, wird der Preis für 2900 kWh davon durch die Strompreisbremse auf zehn Cent reduziert; der Bund gleicht dem Anbieter die Differenz aus. Das entspricht in diesem Rechenbeispiel einer Ersparnis von mehr als Tausend Euro. Im Schnitt rechnet die Regierung mit einer Entlastung von 500 Euro pro Haushalt. Für die übrigen 1100 Kilowattstunden zahlen Sie den vollen Preis von 45 Cent pro kWh.
5 Warum berechnet sich die Bremse nicht nach dem tatsächlichen Verbrauch eines Haushalts?
Ursprünglich hatte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr in der Kleinen Zeitung vorgeschlagen, einen Anteil des Vorjahresverbrauchs jedes Haushalts gedeckelt anzubieten – um etwa auf unterschiedliche Voraussetzungen wie Haushaltsgröße, Ausstattung und Investitionen (etwa in klimaschonende Wärmepumpen) Rücksicht zu nehmen. Diesen Ansatz hat die Koalition aber wieder verworfen, er sei zu kompliziert.
6 Das heißt, jeder Haushalt bekommt die gleiche Förderung?
Ja. Egal ob Singlehaushalt oder siebenköpfige Familie, Haupt- oder Nebenwohnsitz: Die Deckelung ist für alle Haushalte gleich. Aus Regierungskreisen heißt es zur Kleinen Zeitung, man habe mehrere Varianten diskutiert – weil die Daten zu Haushalten und Zählerstellen aber nicht verschränkt sind, sei eine automatisierte zielgenaue Förderung nicht möglich. Um schnell zu helfen, habe man sich für die Einheitslösung entschieden.
7 Wird also völlig ungezielt gefördert?
Nein, die Koalition hat angekündigt, abseits des Strompreisdeckels noch eine zusätzliche soziale Staffelung einzuziehen. Wie diese genau ausschaut, ist vorerst offen, Details sollen am Mittwoch folgen. Zur Debatte stand zuletzt etwa, der Gruppe der von der ORF-Gebühr befreiten Menschen und Haushalten mit mehr als fünf Personen eine Sonderförderung zukommen zu lassen.
8 Für welchen Zeitraum gilt die Deckelung?
Das ist derzeit noch nicht bekannt. Die Regierung hat zwar schon viele Details der geplanten Regelung bestätigt, Details soll es aber erst am Mittwoch geben. Im Parlament beschlossen wird die Förderung erst im Oktober, sowohl eine Rück- als auch eine künftige Wirkung wären möglich.
9 Wie bewerten Experten den Deckel?
IHS-Direktor Klaus Neusser findet die Maßnahme 2gar nicht so schlecht2 aufgesetzt. Grundsätzlich sei so eine Maßnahme eine Gratwanderung zwischen rascher, einfacher Auszahlung und sozialer Treffsicherheit. Er würde aber Direktzahlungen an Bedürftige bevorzugen, das sei einfacher und mit weniger Diskussionen verbunden, so Neusser.
10 Wie reagiert die Politik?
Die Arbeiterkammer begrüßt das Modell grundsätzlich, fordert aber zusätzliche Unterstützung für einkommensschwache Haushalte. "Zu spät, zu wenig", beurteilte hingegen die SPÖ die "Strompreisbremse". Scharfe Kritik kommt auch von der FPÖ: Die Maßnahme sei "Betrug an den Österreichern", so FPÖ-Chef Herbert Kickl in einer Aussendung. Die Neos sehen "die denkbar schlechteste Variante" umgesetzt, die Bremse schaffe weder Anreize zum Energiesparen noch sei sie treffsicher.
Kritik kommt auch aus der ÖVP – die Vorarlberger Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink sieht "Vorarlberger praktisch nicht entlastet" ... Es könne nicht sein, dass die westlichen Bundesländer für ihre niedrigen Strompreise "quasi bestraft werden". Ähnlich reagiert der wahlkämpfende Tiroler ÖVP-Obmann Anton Mattle: "Die Energieversorger im Osten, die die Preise ordentlich in die Höhe geschraubt haben, profitieren mehr als die Energieversorger in Tirol und Vorarlberg."
11 Wird es auch Hilfen für Betriebe geben?
Ja; hier verweist die Regierung auf die nächsten Tage; eigene Förderregime soll es für Klein- und Mittelbetriebe sowie für die Industrie geben. Diese brauchen auch den Segen aus Brüssel, weil sie potenziell wettbewerbsverzerrend sein könnten.
Georg Renner