In den Klassenzimmern werden – wie erwartet – zu Schulbeginn kaum bundesweite Corona-Schutzmaßnahmen gelten. So werden weder Tests noch Masken Pflicht sein. Dass Corona-positiv getestete aber symptomfreie Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler über der Primarstufe mit FFP2-Maske in die Schule kommen sollen, wird allerdings kritisiert. "Kinder ab 11 Jahren hier in die völlige Eigenverantwortung zu entlassen, ist aus unserer Sicht fahrlässig und mit vielen Risiken verbunden", heißt es etwa von der Bundesjugendvertretung.

Konkret gelten zu Schulbeginn:

  • Unterrichtspflicht
    Schüler müssen grundsätzlich am Unterricht teilnehmen - auch Covid-Positive, wenn sie keine Symptome haben. Nur in die Volksschule dürfen positiv Getestete nicht. Auch wenn Schüler, Erziehungsberechtigte oder im Haushalt lebende Personen einer Risikogruppe angehören bzw. sich Schüler "wegen im Zusammenhang mit COVID-19 stehenden Gründen nicht in der Lage sehen, am Präsenzunterricht teilzunehmen" und das per Attest belegt ist, dürfen sie zu Hause bleiben.

  • Verkehrsbeschränkung
    Symptomlose Lehrerinnen und Lehrer dürfen mit FFP2-Maske an den Bundesschulen unterrichten (an den Pflichtschulen entscheiden das die Länder als Dienstgeber), symptomlose Schülerinnen und Schüler ebenfalls mit FFP2-Maske den Unterricht besuchen. Ausgenommen sind lediglich die Kinder an Volksschulen. Für symptomlose Schüler bzw. Lehrer muss es einen Raum für Maskenpausen geben.

  • Kein generelles Distance-Learning
    "Ortsungebundenen Unterricht" darf die Schulleitung nur mit Zustimmung der Bildungsdirektion anordnen. Bis zur achten Schulstufe muss Betreuung angeboten werden.

  • Keine generellen PCR- oder Antigen-Tests
    In begründeten Fällen, etwa bei bekannten Infektionen in einer Klasse, kann die Schuldirektion aber bis zu zwei Wochen Antigentests vorschreiben - dann sind sie für die Teilnahme am Präsenzunterricht auch verpflichtend. Mit Zustimmung der jeweiligen Bildungsdirektion ist das auch länger zulässig. PCR-Tests darf nur das Bildungsministerium anordnen.

  • Keine generelle Maskenpflicht
    Ebenfalls in begründeten Fällen kann die Schulleitung bis zu zwei Wochen eine Maskenpflicht anordnen (FFP2-Pflicht erst ab der Oberstufe). Mit Zustimmung der Bildungsdirektion ist das auch länger zulässig.

Coronapositive Kinder dürfen – wie Erwachsene auch – für die Dauer ihrer Verkehrsbeschränkung Kindergärten und Volksschulen nicht betreten. Ältere positiv-getestete Schülerinnen und Schüler können mit durchgehend getragener FFP2-Maske allerdings in die Schule gehen. Schulen müssen Infizierten einen eigenen (Masken-)Pausenraum zur Verfügung stellen - dort können sie die FFP2-Maske abnehmen, heißt es im Rundschreiben, das das Ministerium heute an die Schulen ausschickte.

Will nicht strenger als der Gesundheitsminister sein: Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP)
Will nicht strenger als der Gesundheitsminister sein: Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) © APA/FLORIAN WIESER

"Wer krank ist, bleibt zu Hause", betont auch Bildungsminister Martin Polaschek bei einer Pressekonferenz am Montag. Wer sich gesund fühlt, muss allerdings auch in die Schule gehen. Der Minister appelliert an Eigenverantwortung. Wer Symptome hat, solle eine Maske aufsetzen – das gelte für Lehrerinnen und Lehrer ebenso wie für alle anderen, bezieht sich der Bildungsminister auf die Vorgaben des Gesundheitsministers: "Ich habe immer gesagt, dass der Schulbereich Teil einer Gesamtstrategie sein muss, denn die Schule ist kein abgesonderter Bereich."

Es werde in diesem Schuljahr außerdem keine flächendeckenden Schulschließungen geben, betonte der Minister, denn aus bildungspolitischer Sicht sei vollkommen klar: "Die Schulen müssen offen bleiben." Bei besonderer Risikolage können Schulen für maximal zwei Wochen Test- und Maskenpflicht bzw. zeitversetzten Unterrichtsbeginn anordnen, bei Zustimmung der Bildungsdirektion auch länger. Distance Learning kann nur mit Erlaubnis der Bildungsdirektion angeordnet werden.

Kritik an Symptomlosen in der Schule

Für Kritik sorgte, dass auch coronapositive Lehrerinnen und Lehrer unterrichten dürfen – wenn sie durchgehend FFP2-Maske tragen. Wien und das Burgenland sträuben sich dagegen: "Das ist ein viel zu hohes Infektionsrisiko", erklärte etwa der Wiener Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) am Freitag. In Wiens und Burgenlands Pflichtschulen, wo die Bundesländer dies dienstrechtlich regeln können, werden positive Personen daher nicht unterrichten.

Das sei zwar im Ermessen der Länder als Dienstgeber, er halte diese "Insellösungen" allerdings nicht für sinnvoll, sagte Bildungsminister Polaschek am Montag. Sorgen, dass Eltern infizierter Kinder dadurch klagen könnten, hat der Bildungsminister nicht. Derartige Warnungen der Lehrergewerkschaft seien "politisches Geplänkel".

"Die Pandemie ist auch an den Schulen noch nicht vorbei", erinnerte am Montag auch die Bundesjugendvertretung. Die Regierung müsse die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, "damit infizierte Kinder nicht in die Schulen gedrängt werden oder Eltern sich Betreuungsfreistellungen erst erkämpfen müssen".

Das Bildungsministerium wird zusätzlich allen Schülerinnen und Schülern sowie allen Lehrerinnen und Lehrern kostenlose Tests in der ersten Schulwoche anbieten. Für die zweite Schulwoche erhalten alle Schülerinnen und Schüler drei kostenlose Antigentests. "Das sind zusätzliche Angebote, die wir allen Schülerinnen und Schülern zur Verfügung stellen", erklärte Bildungsminister Martin Polaschek.

Maßnahmen entlang des Variantenplans

Dass keine bundesweiten Maßnahmen kommen, hat sich bereits abgezeichnet. Immerhin hat das Bildungsministerium stets betont, sich an den Variantenmangement der Bundesregierung halten zu wollen. Dieser sieht Maßnahmen erst im Übergang zu Szenario 3 ("Ungünstiger Fall") vor. Aktuell befindet sich Österreich aber laut Gesundheitsministerium in Szenario 2 (siehe unten). An den Schulen gibt es dabei nur regional anlassbezogene Testungen mit Antigen-Schnelltests beziehungsweise eine zeitlich befristete Maskenpflicht am Standort.

Verpflichtende PCR-Schultests wären zumindest im Osten zu Beginn des Schuljahrs ohnehin nicht möglich gewesen, wie die Tageszeitung "Heute" letzten Mittwoch festhielt. Grund sind die Verzögerungen beim Ausschreibungsverfahren nach dem Einspruch eines Bewerbers. Das Bildungsministerium wartet hier weiter auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, danach haben die Labore noch 20 Tage Zeit für die Bereitstellung der Tests.

"Wenn PCR-Tests großflächig wieder benötigt werden, werden wir die notwendigen Ressourcen auch wieder zur Verfügung haben", versicherte Polaschek aber heute. Es sei klar gewesen, dass bei der Vergabe mit Einsprechungen zu rechnen sei. Man sei für mögliche Szenarien im Herbst aber gerüstet, versicherte der Bildungsminister.

Eltern- und Lehrervertreter zufrieden

SPÖ-Bildungssprecherin Petra Tanzler bezweifelt das: Zum maximalen Schutz für Schulen würden "Testen und Luftfilteranlagen in jedem Klassenzimmer" gehören. Nur zu hoffen, dass es schon irgendwie gehen werde, sei "zu wenig und beim dritten Corona-Schulstart in Folge schlicht unverantwortlich".

Die freiwilligen Tests zu Schulbeginn würden eine gewisse Sicherheit bringen, findet hingegen der höchste Lehrergewerkschafter Peter Kimberger (FCG). Wichtig sei der Gewerkschaft auch gewesen, dass die Schulen in diesem Jahr wieder autonom für bis zu zwei Wochen Masken und (Antigen-)Testpflicht erlassen können. Kritisch sieht er, dass auch infizierte Schüler und Lehrer mit FFP2-Maske in die Schule kommen können. "Wir sind der Meinung, dass infizierte Personen in der Schule nichts verloren haben." Es sei unrealistisch, dass jemand stundenlang ununterbrochen Maske trage. Kritik kommt von Kimberger auch daran, dass es wegen Verzögerungen beim Ausschreibungsverfahren noch keine Lösung für Schul-PCR-Tests im kommenden Schuljahr gibt.

Im Bundeselternverband ist man froh darüber, dass Kinder und Jugendliche ohne Einschränkungen ins neue Schuljahr starten können, betont Sprecher Marcus Dekan. "Wir glauben auch, dass die Rahmenbedingungen derzeit das vorgeschlagene Vorgehen durchaus zulassen." Die freiwilligen Antigentests zu Beginn des Schuljahrs seien zwar nicht perfekt, aber immerhin eine gewisse Sicherheitsschranke nach der Rückkehr aus den Ferien. Infizierte an den Schulen sehen auch die Elternvertreter skeptisch. Allerdings rechnet Dekan ohnehin damit, dass Eltern ihre Kinder auch symptomfrei nicht infiziert zum Unterricht lassen und auch infizierte Lehrer nicht ihren Dienst antreten werden. Die Idee, dass Infizierte ihre Maskenpause in einem speziellen Raum verbringen sollen, hält Dekan ebenso wie Kimberger nicht für praktikabel angesichts des Raummangels in vielen Schulen.

Wissenschaft warnt

In der Wissenschaft werden die lockeren Schulregeln unterschiedlich aufgenommen. Für den Epidemiologen Hans-Peter Hutter von der Medizin-Uni Wien ist der Verzicht auf Masken und Tests ein Fehler - auch wenn Corona-Schutzmaßnahmen an den Schulen schwer vermittelbar seien, wenn sonst fast überall darauf verzichtet werde. Er wäre für einen PCR-Test pro Woche, um wenigstens auf diesem Weg ein Bild von der Lage zu bekommen. Denn da nur noch wenig getestet werde und eine andere Teststrategie fehle, gehe man nun "mit zwei blinden Augen in den Herbst", warnt er im "Standard" (Montagsausgabe).

Auch Virologin Dorothee von Laer von der Medizin-Uni Innsbruck spricht dort von einem "Blindflug". Ein Schulstart "ohne große Restriktionen" ist für sie trotzdem gerechtfertigt, geht sie doch auf Basis ihr zugänglicher Daten von einer Durchseuchung von mehr als 90 Prozent unter Kindern aus. Dass Lehrer und Kinder über zehn Jahren infiziert mit FFP2-Maske in die Schule kommen dürfen sollen, sei hingegen "unsinnig". Bei steigenden Infektionszahlen müsste aus ihrer Sicht als erstes wieder Maskenpflicht eingeführt werden.