Dass die Volkspartei sich im "ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss" nicht sonderlich wohlfühlen würde, war schon vor Beginn des Ausschusses zu erwarten. Dass die türkise Fraktion aber gleich 74 Mal vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) ziehen würde, eher nicht. Nun ist klar: Die ÖVP scheitert auch mit den Anträgen fünf bis 74.

Zwei der 70 Anträge, über die der VfGH seit gestern beriet, wurden von den Höchstrichtern formal abgewiesen. Denn die beiden "Verlangen vom 26. 02. 2022", auf die sich die ÖVP bezog, existieren nicht, wie der VfGH festhält. Die türkise Fraktion rund um Andreas Hanger dürfte die Verlangen vom 26. Jänner 2022 gemeint haben, in denen das Justizministerium zur Auswertung von Chats auf dem Handy von Thomas Schmid mit SPÖ- und FPÖ-nahen Personen aufgefordert wurde.

Für eine Feststellung, dass sich Justizministerin Alma Zadić (Grüne) geweigert habe, die verlangten Erhebungen durchzuführen, "fehlt die Rechtsgrundlage", erklärten die Höchstrichter die Zurückweisung des zweiten Antrags.

Nicht-ÖVP nicht Thema im "ÖVP-U-Ausschuss"

68 weitere Anträge der ÖVP wurden vom VfGH abgewiesen: Die türkise Fraktion wollte hier Dokumente, Akten und Unterlagen über Vergaben aus nicht der ÖVP zuzurechnenden Ministerien. Erst im Juli hatte der U-Ausschuss aber beschlossen, dass dies nicht Teil des "ÖVP-U-Ausschusses" sei. Ein Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand sei "nicht offenkundig", teilte auch der VfGH die Ansicht der Abgeordneten: "Die pauschale Behauptung, dass es auch in nicht ÖVP-geführten Ressorts zu Begünstigungen von mit der ÖVP verbundenen Personen gekommen sein könnte, genügt nicht".

Hangers Devise "alles auf den Tisch", die, wie der türkise Fraktionsführer regelmäßig betont, für alle Parteien gelten müsse, hat somit innerhalb des U-Ausschusses einen schweren Schlag erlitten. Immerhin müssen Auskunftspersonen wie der für 14. September geladene Ex-Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) Fragen nicht beantworten, wenn diese nicht im Untersuchungsgegenstand sind. Es wäre der Volkspartei aber jederzeit möglich, einen eigenen, zusätzlichen Untersuchungsgegenstand einzusetzen.