1 Der Tod der Ärztin Lisa-Maria Kellermayr schlägt inzwischen auch international Wellen. Wie fallen die Reaktionen aus?
In Deutschland zeigen sich Politik sowie Ärztinnen und Ärzte bestürzt über den Vorfall. "Leute rufen regelmäßig – teilweise sogar mit Klarnamen – zu meiner Ermordung auf", erklärte auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er werde deswegen besonders gut geschützt. "Die österreichische Kollegin dagegen musste den Schutz selbst bezahlen und konnte sich das nicht mehr leisten." Laut Präsident der deutschen Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, führe der Tod der Ärztin "drastisch vor Augen, wohin die Verrohung des gesellschaftlichen Klimas führen kann", wie er der "Welt" erklärte. Und auch die deutschen Entertainer Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf zeigten sich betroffen.
2 Wie reagiert die heimische Politik?
Zurückhaltend. Auch Tage nach dem Tod der Ärztin blieben Reaktionen aus der Regierung aus. Lediglich Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hatte rasch via Twitter kondoliert. Am Mittwochabend meldete sich dann auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zu Wort. Er habe Angehörigen, Freunden und Patienten von Kellermayr sein Mitgefühl ausgesprochen, hieß es in einer Aussendung. Die Behörden sollen nun im Fall ermitteln, auch die angesetzte Obduktion begrüßte er (siehe Frage 5). "Es ist schrecklich, wenn ein Mensch aufgrund von Hass und persönlichen Bedrohungen keinen anderen Weg mehr sieht, als seinem Leben ein Ende zu setzen."
Kommentar
3 Coronaleugner hatten und haben auch andere prominente Ärztinnen und Ärzte im Visier. Was ist passiert?
Auch die bekannte Virologin Dorothee von Laer berichtete gegenüber Ö 1 von Drohungen, die bei ihr sogar zu einem Burn-out geführt haben. Zeitweise sei die Virologin nur mit Perücke vor die Tür gegangen. Auch der Hygiene-Experte an der MedUni Wien, Hans-Peter Hutter, berichtete von massiven Drohungen. Die Ärztekammer Wien bietet bereits Kurse für Deeskalation und Selbstverteidigung an.
4 Wie reagiert man bei der Polizei seit dem Tod von Kellermayr?
Die Landespolizei Oberösterreich hat im November 2021 einen Tweet der Ärztin als "Falschmeldung" tituliert. Kellermayr hatte eine Demo von Coronaleugnern vor dem Klinikum in Wels kritisiert. Eine Flut an Beschimpfungen und Beleidigungen gegen sie war die Folge. Der Leiter der oberösterreichischen Polizeipressestelle, David Furtner, hatte Kellermayr erst Ende Juni dieses Jahres vorgeworfen, "über die Medien das eigene Fortkommen" fördern zu wollen. Nach kritischen Tweets reagiert er nun selbst mit juristischen Schritten. Einem Twitter-User wurde eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung von Furtner zugestellt. Dieser hatte dem Sprecher vorgeworfen, mit seinen "unüberlegten Worten und depperten Aussagen Blut an den Händen" zu haben. Furtners Anwalt sieht die Nachricht als "rechtswidrig" an, die Medienanwältin Maria Windhager hält die getätigte Aussage für zulässig. Die Neos wollen indes in einer parlamentarischen Anfrage von Innenminister Karner wissen, was zum Schutz von Kellermayr unternommen wurde.
5 Kellermayr wurde nun doch obduziert. Gibt es Zweifel an ihrem Suizid?
Vonseiten der Staatsanwaltschaft nicht. Es liegen keine Sachverhalte vor, die "Gegenteiliges in irgendeiner Form indizieren würden", heißt es in einer Aussendung. Die Obduktion wurde durchgeführt, weil zwei Angehörige der Verstorbenen eine solche beantragt haben. Das ist ihr gutes Recht.
6 Gibt es hier schon ein Ergebnis?
Ja. Die Obduktion durch das Landesgericht Wels habe die bisherigen Ermittlungsergebnisse bestätigt, es habe keine Hinweise auf eine Einwirkung von außen gegeben. Die Ergebnisse der chemisch-toxologischen Untersuchung werden jedoch noch länger dauern, heißt es.
7 Wird jetzt in dem Fall also gar nicht mehr ermittelt?
Doch, aber nicht mehr in Österreich. Die Anklagebehörde in Wels hatte die Ermittlungen einstellen müssen, weil es sich bei dem Verdächtigen, der Kellermayr bedroht haben soll, um einen deutschen Staatsbürger handelt. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft München – wegen des Verdachts der Beleidigung und der Bedrohung. Nähere Details wollte man nicht nennen.