Es ist üblich, dass die wichtigsten Interessensvertreter in die Erstellung neuer Gesetze eingebunden werden. Normalerweise passiert das aber im Begutachtungsprozess und nicht davor. Ein Aktenvermerk der WKStA zeigt, dass die teilstaatliche Casinos Austria AG 2017 in die Ausgestaltung des neuen Glücksspielgesetzes dennoch intensiv eingebunden war.
Laut dem 35-seitigen Papier, das dem "Kurier" vorliegt, konnte die Casag "offensichtlich auf den Gesetzwerdungsprozess schon in der Entwurfsphase eingehend einwirken". Aus Chatnachrichten und Mails gehe hervor, "dass das BMF (Finanzministerium, Anm.) mit der Casag an der Novellierung eng zusammenarbeitete und sich wechselseitig austauschte".
Casag vor Kanzler
Man sei vom zuständigen Casag-Manager "lobbyiert worden", erzählte der zuständige Beamte des Finanzministeriums den Korruptionsermittlern in seiner Zeugenaussage. Der Manager hätte den Gesetzesentwurf haben wollen. Da dies nicht üblich gewesen sein, er hätte das von sich aus nicht getan, sagte der Mitarbeiter.
Der damals höchste Beamte im Finanzministerium sah das anders: Thomas Schmid gab der Bitte des Casag-Managers, den Entwurf "nochmals zu schicken, wenn wir ihn überarbeitet haben und ihn erst dann an das BKA (Bundeskanzleramt, Anm.) weiterzuleiten" statt. Im Bundeskanzleramt saß damals mit Christian Kern ein SPÖ-Kanzler, im Finanzministerium mit Schmid türkises Spitzenpersonal.
Im Februar 2018 lobte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) den zur Begutachtung geschickten Entwurf. Ab diesem Zeitpunkt konnten wirklich alle Einsicht in das geplante Gesetz nehmen – auch der damals bereits blaue Koalitionspartner, der nicht zustimmte. Damit ging das Lobbying der Casag ins Leere: Am 1. März 2018 wurde der Entwurf vom Finanzministerium zurückgezogen, bis heute gibt es kein neues Glücksspielgesetz.