Die Corona-Quarantäne fällt wie erwartet. Das geht aus einem Verordnungstext hervor, der am späteren Nachmittag der Öffentlichkeit präsentiert werden soll und der APA vorliegt. Wer sich nicht krank fühlt, kann demnach auch nach einem positiven Coronatest das Haus verlassen, ist allerdings Verkehrsbeschränkungen unterworfen. Dies bedeutet, dass FFP2-Maske getragen werden muss, außer man ist im Freien und in zwei Metern Abstand niemand unterwegs.
Ferner werden in der Verordnung Betretungsverbote definiert. Das sind Krankenanstalten ebenso wie Pflege- und Behinderten- und Kureinrichtungen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Volksschulen und Horte. Allerdings dürfen Mitarbeiter diese Arbeitsorte betreten, klarerweise mit Maske, wenn sie infiziert sind. Ohnehin ist Arbeiten mit positivem Test künftig – konkret ab Inkrafttreten der Verordnung mit 1. August – wieder möglich, wenn Maske angelegt ist. Dies gilt allerdings nicht in Berufen, wo das Tragen einer Maske die Job-Ausübung de facto verunmöglicht, wie Logopäden und Musiker.
Keine Beschränkungen gibt es, wenn am Arbeitsplatz nur aktuell infizierte Personen zusammentreffen. Doch auch hier gibt es eine Ausnahme. In vulnerablen Settings wie Krankenhäusern ist eine Maske zu tragen. Für Risikogruppen soll künftig wieder eine Ausnahme bestehen. Sie müssen nicht am Arbeitsort tätig werden, wenn es keine geeignete Schutzeinrichtung dort gibt.
Daheim und im Auto ist auch für Infizierte keine Maske anzulegen, solange nur Personen desselben Haushalts anwesend sind. Dafür darf man selbst in Gasthäuser oder Schwimmbäder gehen, trotz positiven Tests, allerdings nur mit Maske. Das heißt, im Lokal sitzen und plaudern geht, dort etwas konsumieren ist ausdrücklich nicht gestattet.
Quarantäne-Ende spaltet die Gemüter
Die Frage, ob und wie die Isolation für Infizierte beendet werden soll, spaltet die Gemüter. Gesundheitsexpertinnen und -experten sehen darin vor allem mit Blick auf Herbst wenig Sinn, die Wirtschaft will aber nicht mehr länger auf isolierte Arbeitskräfte verzichten. In anderen Ländern sind die Infektionszahlen durch die Abschaffung nicht extrem explodiert, die Gefahr von häufigeren Fällen von Long Covid und schweren Verläufen bleibt aber.
Bisher wurde im Gesundheitsministerium stets betont, dass es sich bei dem öffentlich gewordenen Verordnungs-Entwurf lediglich um ein Arbeitspapier handle und dass auch die Besprechung mit den Landeshauptleuten in die Entscheidung zum Quarantäne-Ende einfließen werde. Heute legte sich Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) offiziell fest. Die fertige Verordnung gleicht dem Entwurf im Großteil.
Nach einem Treffen mit den Landeshauptleuten am Montag sprach Rauch am heutigen Dienstag mit den Gesundheitslandesräten. Danach trat der Gesundheitsminister gemeinsam mit Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) und Chief-Medical-Officer Katharina Reich vor die Presse. "So viel wie möglich, so wenig wie nötig" sei sein Ziel bei den Corona-Maßnahmen, sagte Rauch.
Die zweieinhalb Jahre Pandemie hätten Spuren hinterlassen, viele Tote gefordert und Folgeerkrankungen gebracht: "Es gibt überhaupt keinen Grund, Covid-19 zu verharmlosen." Die Pandemie habe aber auch schwere psychosoziale Folgen hervorgebracht. Man habe nun mit der Impfung und neuen, breiter verfügbaren Medikamenten mehr Möglichkeiten für den Umgang mit dem Virus. Hinzu komme der Variantenmanagementplan, den die Regierung am morgigen Mittwoch im Ministerrat beschließen will.
Dieser soll klarstellen, welche Maßnahmen je nach vorherrschender Corona-Variante ergriffen werden sollen. Dafür braucht es jedenfalls auch eine bessere Überwachung der Hospitalisierungen – in das dafür eingerichtete Register melden die Bundesländer, vor allem Wien, allerdings aktuell zu wenig ein.
Telefonische Krankmeldung und Rechtsanspruch
"Wer krank ist, bleibt zuhause", betont der Gesundheitsminister: Neben der Wiedereinführung der telefonischen Krankmeldung gibt es dafür auch eine zweite Erleichterung: Risikogruppen haben einen Rechtsanspruch, nicht am Arbeitsort tätig zu werden, wenn es dort keine geeigneten Schutzeinrichtungen gibt. Alternativ soll Homeoffice genutzt werden. Ist das nicht möglich, werden sie von der Arbeit freigestellt, die Kosten dafür übernimmt der Bund zu 100 Prozent.
Betroffen davon sind all jene Menschen, die trotz Impfung ein großes gesundheitliches Risiko haben oder bei denen die Impfung nicht wirkt, erklärt Arbeitsminister Kocher. Chief-Medical-Officer Katharina Reich betont, wie wichtig die Medikamente gegen Covid sind. Diese würden ein "deutliches Sicherheitsnetz" zusätzlich zur Impfung darstellen. Mit dem Covid-Hospital-Register könne man diese Maßnahmen besser verfolgen. So wisse man jetzt, dass zurzeit rund 50 Prozent der Corona-Patienten in den Spitälern wegen anderen Erkrankungen dort versorgt werden müssen.
Kritischen Stimmen halte man entgegen: Nein, Covid sei nicht die Influenza, es sei gefährlicher und tödlicher - und mittlerweile auch nicht mehr saisonal, sagt Reich. Es würden nun öfter Covid-Wellen auch im Sommer auftreten. Wichtiger denn je sei nun die Maske. "Die Maske bleibt unser zentrales, einfachstes und billigstes Medikament, sich zu schützen" - und jetzt ein Mittel, "ein Leben zu leben, das etwas vom Krisenmodus weggeht".
Rauchs Frau sieht "falsche Entscheidung"
Kritik an der Abschaffung gibt es für Rauch nicht nur aus Wien, Kärnten und dem Burgenland, sondern auch aus dem eigenen Haushalt: Die Vorarlberger SPÖ-Landesparteivorsitzende und Rauchs Gattin Gabriele Sprickler-Falschlunger bezeichnete das Ende der Quarantäne per Aussendung als "falsche Entscheidung" des Gesundheitsministers und reihte sich damit in die Liste der kritischen Meldungen vonseiten der SPÖ ein.
Die Aufhebung der Quarantäne würde zurzeit fast 110.000 Menschen betreffen. Rund 52.000 wurden in den letzten fünf Tagen positiv getestet und müssen isoliert sein, weitere rund 57.000 sind verkehrsbeschränkt, falls sie symptomfrei sind. Die meisten Abgesonderten finden sich in Wien. In der Hauptstadt äußerte man bereits letzte Woche die Bedenken, womöglich rein administrativ nicht alle Isolierten gleichzeitig aus der Quarantäne entlassen zu können.
Sozialpartner fordern Vorbereitung auf Herbst
Unterdessen fordern die Sozialpartner in einer gemeinsamen Erklärung eine rasche Vorbereitung für eine "sehr wahrscheinliche" weitere Coronawelle im Herbst. Die neuerliche Überlastung des Gesundheitssystems müsse vermieden werden, auch aus wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Gründen, fordern Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer, ÖGB, Arbeiterkammer und Industriellenvereinigung die Regierung zu Maßnahmen auf.
Das sind – neben der Forderung, eingebunden zu werden – einige: Von Analyse der Schutzmaßnahmen und besserer Erhebung und Verknüpfung von Daten über ein intensiveres Abwassermonitoring und Vorsorge für niederschwellige, kostenfreie Testkapazitäten bis zu mehr Luftfiltergeräten in Schulen. Für allfällige partielle Schließungen müsse zudem die professionelle Abwicklung staatlicher Hilfe vorbereitet werden – und auch eine neue Impf-Infokampagne (für den vierten Stich im Spätsommer) halten die Sozialpartner für nötig.