Auch am jährlichen Bericht des Expertenrates für Integration zeichnet sich ab, wie außergewöhnlich die letzten 12 Monate in Sachen Migration und Integration waren. Denn neben steigenden Asylzahlen, die man laut Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) "mit großer Sorge" verfolge, muss Österreich auch die Unterbringung und Versorgung von rund 80.000 registrierten Geflüchteten aus der Ukraine organisieren. Zwar haben die Hilfsbereitschaft der Zivilbevölkerung und die Integrationsstrukturen der letzten 10 Jahre laut Katharina Pabel, der Vorsitzenden des Expertenrates, eine schnelle Unterstützung möglich gemacht. Nun gehe es aber darum, die Angekommenen auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren.
Darauf will sich Ministerin Raab nun konzentrieren. Das soll mit Kinderbetreuungsangeboten (der überwiegende Großteil der Ukraine-Flüchtlinge sind Frauen, viele haben Kinder), Sprachkursen und schnellen Anerkennungen bei Bildungsabschlüssen passieren. Dennoch rechnet Raab damit, dass nicht alle von ihnen bleiben werden. "Wie eine aktuelle Studie zeigt, haben 30 Prozent von ihnen konkrete Pläne für eine Rückkehr."
Die steigenden Asylzahlen stellen laut Raab zusätzlich "eine riesige Herausforderung" dar. Während im vergangenen Jahr rund 40.000 Anträge verzeichnet wurden, liegt die Zahl in diesem Jahr bereits bei 30.000. "Der Erfolg der Integration hängt auch immer von der Zahl jener ab, die integriert werden müssen." Deshalb werde man auch weiterhin Anträge genau prüfen und gegebenenfalls Rückführungen in die Herkunftsländer durchführen.
Syrerinnen und Syrer oft ohne Job
Ein Blick auf die Flüchtlingskohorte aus den Fluchtjahren 2015/16 zeigt indes eine recht überraschende Entwicklung. In der Gruppe der Syrerinnen und Syrer, die im Vergleich zu Geflüchteten aus Afghanistan meist als gebildeter und arbeitswilliger dargestellt wurden, hat ein Drittel der Männer und zwei Drittel der Frauen weiterhin keinen Arbeitsplatz gefunden. Ministerin Raab erklärt sich das unter anderem mit "traditionellen Rollenbildern", denen man in Wertekursen entgegenwirken wolle. Generell profitieren Zugewanderte laut Expertenrat davon, dass sich der Arbeitsmarkt wieder erholt hat. Nun gelte es laut Pabel, auf gezielte Qualifikation im Hinblick auf den Fachkräftemangel zu setzen.
Eine ebenfalls seit Jahren bekannte Herausforderung bleibt der Gesundheitssektor. Migrantinnen und Migranten nehmen deutlich seltener Vorsorge-Untersuchungsangebote wahr und weisen in Sachen Corona eine geringere Impfquote (56 Prozent) als in Österreich geborene (73 Prozent) auf. Hier finden sich laut Bericht jedoch große Unterschiede bei den Herkunftsländern. Während die Quote bei jenen aus dem Iran bei 76 Prozent liegt, sind es bei Russen und Rumänen nur 37 bzw. 38 Prozent.
Jeder Vierte hat Migrationshintergrund
Generell hat bereits jeder Vierte im Land Migrationshintergrund, wie Zahlen der Statistik Austria zeigen. "Österreich wächst allein durch Zuwanderung", erklärte Generaldirektor Tobias Thomas bei der Präsentation des Berichtes. Seit 2015 ist der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund von 21,4 Prozent auf 25,4 Prozent gestiegen. Die größte Gruppe der Zugewanderten machen weiterhin Deutsche mit 217.000 Staatsangehörigen aus. Danach folgen Menschen aus Rumänien, Serbien und der Türkei. "Ohne Zuwanderung würde Österreich schrumpfen und bis 2080 auf ein Niveau der 1950er Jahre zurückfallen", so Thomas.